ifs-Expertin: Steigende Gefahr von Kinderarmut

Simone Strehle-Hechenberger leitet seit November die Schuldenberatung des Instituts für Sozialdienste (ifs). Im ORF Radio Vorarlberg Samstaginterview warnt sie unter anderem vor der Gefahr einer steigenden Kinderarmut.

Die 44-Jährige hat den langjährigen Leiter und Mitbegründer Peter Kopf Anfang November abgelöst. Strehle-Hechenberger ist Juristin und hat mehrere Jahre in der Flüchtlingshilfe der Caritas gearbeitet. Als eines ihrer Ziele nennt sie den Ausbau von Informations- und Ausbildungsmöglichkeiten zum Thema Finanzen für junge Leute. Eine Herausforderung stellen laut Strehle-Hechenberger unmittelbar bevorstehende Gesetzesbeschlüsse dar.

Simone Strehle-Hechenberger im Gespräch mit Peter Metzler (ORF)

3.000 Kinder in der Mindestsicherung

Insbesondere die Neuregelung der Mindestsicherung macht Strehle-Hechenberger zu schaffen. Sie fürchtet eine Verschlechterung für Familien mit mehreren Kindern: „Der Druck steigt insgesamt aufs Haushaltsbudget und damit ist die Gefährdung für eine Überschuldung auch höher.“ Damit werde auch die Kinderarmut steigen. „Es hängen 2017 knapp 3.000 Kinder an unseren Klienten dran, die das auch betrifft“, so Strehle-Hechenberger.

Samstagsinterview Simone Strehle-Hechenberger

ifs

Insgesamt werde es auch zu einer höheren Gesundheitsgefährdung kommen, weil sich viele Familien die Selbstbehalte nicht mehr leisten können werden: „Brillen werden nicht gekauft, Rezepte nicht eingelöst.“

Schuldenfalle Weihnachten

Hauptgrund für eine hohe Verschuldung ist laut Strehle-Hechenberger nach wie vor der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine gescheiterte Selbstständigkeit. Erst an dritter Stelle liege ein problematisches Konsumverhalten. Schicksalsschläge - etwa der plötzliche Verlust eines Partners - würden auch eine wichtige Rolle spielen.

Gerade Weihnachten würde viele Familien vor große Probleme stellen. „Wer sich eh schon schwer tut, mit seinem Geld auszukommen, für den ist Weihnachten eine schwierige Phase, das bringt halt oft einmal das Fass zum Überlaufen“, so Strehle-Hechenberger. Weihnachten sei mittlerweile das „Fest des Konsumzwanges“: Gesellschaftlich gebe es einen hohen Druck, sich am Schenken zu beteiligen. Nach Weihnachten kommt mit dem Jänner der teuerste Monat des Jahres - und das würden viele dann nicht mehr schaffen.

Zustimmung zu neuem Privatkonkurs

Die Neuregelung des Privatkonkurses, die seit rund einem Jahr gilt, verteidigt die neue Chefin der Schuldenberatung vehement. Die Regelung macht es Betroffenen leichter, sich zu entschulden. „Ich verstehe nicht, warum diese Menschen in einer Verschuldung bleiben sollen. Das nützt genau niemandem.“

Man müsse auch immer den volkswirtschaftlichen Schaden mitbedenken: Wenn die Menschen in der Verschuldung verharren, bedeute das auch eine Beeinträchtigung der Gesundheit, Kinderarmut, einen Mangel an Kaufkraft, sagt Strehle-Hechenberger. „Eine Reihe von Institutionen - Gerichte (...), Inkassobüros - sind damit beschäftigt. Das alles verursacht Kosten und Arbeit, und es bringt niemandem was.“