Asylpolitik: Vorarlberger Kritik am Innenminister

In Sachen Asylpolitik hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) eine Absage erteilt: die Entscheidung über ein humanitäres Bleiberecht werde nicht in die Länderkompetenz wandern, sondern beim Bund bleiben. Das sorgt in Vorarlberg für Kritik.

Wallner hat vergangene Woche bundesweit damit aufhorchen lassen, dass es wieder eine Mitsprache von Ländern und Gemeinden brauche, wenn es darum geht, Flüchtlingen ein humanitäres Bleiberecht einzuräumen - mehr dazu in Bleiberecht: Wallner für Mitsprache der Länder.

Asylpolitik: Kritik aus Vorarlberg

Die Welle der Entrüstung über die von der Abschiebung bedrohten armenisch-iranischen Familie in Sulzberg ebbt nicht ab.

Bei Innenminister Kickl stößt diese Anregung jedoch auf taube Ohren. Eine Übertragung der Entscheidungskompetenz würde „einen Rückschritt in Richtung uneinheitliche Entscheidungspraxis bedeuten“, sagt Kickl. Für allfällige Nachprüfungen gebe es die Höchstgerichte.

Wallner: „Unverständliche Haltung“

„Die Haltung des Innenministers ist mir unverständlich, weil ja aus Sicht des Landes Vorarlberg durchaus auch ein Angebot formuliert wurde. Wir haben gesagt, wir wären bereit, eine nicht so einfache Aufgabenstellung - nämlich die Mitbeurteilung des Bleiberechtes - auch im Land Vorarlberg wiederaufzunehmen“, so Wallner.

In Sulzberg sorgt derzeit die Abschiebung einer armenisch-iranischen Familie für heftige Reaktionen - mehr dazu in Sulzberg: Online Petition gegen Abschiebung. Dieser aktuell Fall zeigt laut Wallner, „dass es offenbar Schwierigkeiten macht, einige hundert Kilometer entfernt zu sein, richtigerweise zu entscheiden, wie man bei einer Abschiebung vorzugehen hat.“ Wallner wünscht sich eine deutlich menschlichere Vorgangsweise als im vorliegenden Fall.

Auch nach der Absage von Innenminister Kickl geht es laut Wallner darum, dass Thema nicht aus den Augen zu verlieren. Er werde darüber auch mit anderen Landeshauptleuten sprechen. „Inwieweit auch andere Länder bereit sind, da wieder Verantwortung zu übernehmen, entzieht sich im Moment meiner Kenntnis“, so Wallner.

Zadra: „Jegliches Augenmaß verlorengegangen“

Auch die Grünen sprechen sich dafür aus, dass die Entscheidungskompetenz über humanitäres Bleiberecht in die Länder wandern soll. „Behörden vor Ort, die die Menschen kennen und bei ihrer Integration mitwirken, können besser beurteilen, ob eine Abschiebung angemessen ist oder nicht, als eine 600 Kilometer entfernte Behörde des Bundes“, sagt Asylsprecher Daniel Zadra.

Bezüglich der armenisch-iranischen Familie in Sulzberg ist es laut Zadra inakzeptabel, „dass die Integrationsbemühungen der Familie überhaupt nicht berücksichtigt wurden und kein humanitäres Bleiberecht ausgesprochen wurde.“ Und er fährt fort: „Die Abschiebungen von gut integrierten Menschen aus Vorarlberg [...] zeigen: hier ist jegliches Augenmaß verlorengegangen. Derartige Entscheidungen dürfen nicht länger den Behörden eines Innenministers Kickl überlassen werden.“

Frühstück fordert kürzere Asylverfahren

ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück kritisiert ebenfalls die Haltung von Innenminister Kickl. Dieser sollte laut Frühstück in Sachen humanitäres Bleiberecht nicht auf die wertvolle Expertise vor Ort verzichten. Eine Einbindung der Gemeinden und Länder in Asylverfahren sei ein Gebot der Stunde, so der Klubobmann. Das würden aktuelle Fälle in Vorarlberg zeigen - einerseits die Familie in Sulzberg und andererseits der Gastronomie-Lehrling in Lustenau.

Aus Sicht von Frühstück sollte Kickl schnellstmöglich Maßnahmen setzen, um die Dauer der Asylverfahren deutlich zu verkürzen - insbesondere bei straffällig gewordenen Asylwerbern. Allerdings sollte es auch möglich sein, dass gut integrierte Asylwerber eine Ausbildung machen, um im Anschluss über die Rot-Weiß-Rot-Card als Fachkräfte in Österreich leben und arbeiten zu können.

Loacker: „Trauriger Akt gegen Demokratie“

ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker bezeichnet die Reaktion von Innenminister Kickl als einen „traurigen Akt gegen die Demokratie“. „Kickl scheint seine Machtposition zu Kopf gestiegen zu sein. Anders kann sein Diktat an die Bundesländer nicht verstanden werden“, sagt Loacker. Er attestiert dem Innenminister einen Mangel an jeglichem demokratiepolitischen Verständnis und kündigt an, weiterhin die Forderung eine Rückkehr des humanitären Bleiberechts in die Länderkompetenzen aufrechtzuerhalten.

Links: