Kritik an Abschiebung von Lehrlingen

Die Bundesregierung will Asylwerber in der Lehre abschieben. Landesrat Johannes Rauch (Grüne) spricht von einer „wirtschaftlich dummen und menschlich schäbigen Vorgangsweise“.

Nach heftigen politischen Diskussionen und wiederholter Kritik von Wirtschaft und Zivilgesellschaft, macht die Bundesregierung mit ihrem Plan Ernst. Asylwerber in Ausbildung werden künftig abgeschoben. In der Gastronomie und anderen Branchen stieß die Bundesregierung mit ihrem Vorhaben auf Unverständnis. In Vorarlberg machen derzeit 90 Asylwerber eine Lehre, vor allem in der Hotelerie und Gastronomie.

Landesrat Rauch kritisiert Kehrtwende

Der Sprecher der Vorarlberger Grünen, Landesrat Johannes Rauch, spricht von einer unverständlichen Kehrtwende. Die Bundesregierung habe noch vor wenigen Tagen zugesagt, die Lehrlinge im Land behalten zu wollen. Jetzt komme die Kehrtwende aus dem Ministerium von Kickl.

Diese sei „wirtschaftlich dumm und menschlich schäbig“, so Rauch, vor allem, wenn jene abgeschoben werden, die dringend gebraucht werden. Hier werde offensichtlich ein politisches Exempel gegen jede Vernunft statuiert. Es gehe nur darum, dass Kickl seine Machtfantasien durchsetze, so Rauch.

Ausnahmen für Lehrlinge gefordert

Rauch sieht keinen Grund, Asylwerber in der Lehre abzuschieben. Eine gesetzliche Ausnahmeregelung, die es in Österreich vielfach gebe, sei kein Problem. Mit einem Erlass könnte geregelt werden, dass Lehrlinge ihre Ausbildung abschließen können.

Nach Ansicht von Rauch spielt sich das machtpolitische Match nicht zwischen Bund und Ländern ab, sondern zwischen ÖVP und FPÖ in der Bundesregierung. Der größere Partner ÖVP lasse vom kleineren Partner FPÖ antreiben.

Landeshauptmann erwartet weitere Verhandlungen

An seiner grundsätzlichen Position habe sich nichts geändert, betonte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Er sei gegen den Beschluss des Ministerrats. Laut Wallner sollten Asylwerber eine angefangene Ausbildung beenden können. Werde dann der Asylantrag abgelehnt, müsse ein Asylwerber zurück in seine Heimat, aber dann mit einer abgeschlossenen Ausbildung, so Wallner. Dies sei ein Minimum an Hilfeleistung. Das käme auch der heimischen Wirtschaft entgegen, so Wallner.

NEOS verweist auf Landtagsbeschluss

Sabine Scheffknecht, Landessprecherin von NEOS, übt Kritik an der Vorarlberger Volkspartei. Auf NEOS-Inititiative habe sich der Vorarlberger Landtag darauf verständigt, dass Asylwerber ihre Ausbildung auch abschließen können.

Eine „indirekte Unterstützung“, wie sie Landesrat Christian Gantner (ÖVP) und andere ÖVP-Landtagsabgeordnete angekündigt hätten, helfe den Betroffenen nichts, wenn sie von der Polizei aus den Betrieben zur Abschiebung abgeholt würden. Scheffknecht erwartet sich eine „aktive Unterstützung und eine klare Stellungnahme von Sicherheitslandesrat Gantner in Richtung Bundes-ÖVP, anstatt leerer Unterstützungsbekundungen“.

Wirtschaftskammer will zum Verfassungsgerichtshof

Auch der Vorarlberger Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer, zeigt sich überrascht von der „bedauerlichen“ Entscheidung des Innnenministers. Man habe viele Gespräche geführt und damit die Hoffnung auf eine andere Entscheidung gehabt. Die Zustimmung der Wirtschaftskammer habe der Innenminister nicht, so Kopf, man wolle in diesem Fall bis zum Verfassungsgerichtshof gehen.

Rückschlag für Arbeitsintegration

Der Koordinator des Landes für Arbeitsintegration, Anton Strini, sieht den aktueellen Beschluss des Innenministers als herben Rückschlag. Einerseits gebe es in Vorarlberg junge, leistungsbereite Flüchtlinge, die sich sehr angestrengt hätten, um im Land eine Lehre machen zu dürfen. Ihnen verwehre man nun diese Möglichkeit komplett und zwinge sie zum Nichtstun. Andererseits gebe es den Bedarf der Wirtschaft in Mangelberufen, der nicht gedeckt werden könne. Aus diesen Gründen verstehe er diese Entscheidung nicht, so Strini

FP-Allgäuer begrüßt Regelung

FPÖ-Klubobmann Daniel Allgäuer begrüßt die Entscheidung des Innenministers. Damit werde eine Vermischung von Asyl und Zuwanderung beendet. Beim Asylrecht gehe es um die Frage, ob jemand Schutz brauche, so Allgäuer. Wenn man über die Lehre einen neuen Aufenthaltstitel im Asylrecht schaffe, erzeuge man einen „Sog“ nach ganz Europa.

Weiters kritisiert der FPÖ-Klubobmann die Haltung von Landeshauptmann Wallner. Er begebe sich immer mehr auf die Linie seines Grünen-Regierungspartners und müsse seinen Regierungspartner für die Aussagen gegenüber dem Innenminister in die Schranken weisen.