Altlandeshauptmann Herbert Keßler verstorben
In einer am Montag veröffentlichten Mitteilung hob Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) vor allem den Bau der Rheintal-Autobahn, des Arlberg-Straßentunnels, des medizinischen Zentrums des Landeskrankenhauses Feldkirch und des Vorarlberger Landhauses hervor. Außerdem seien auch zahlreiche kulturpolitische Meilensteine in die 23-jährige Amtszeit Keßlers gefallen, etwa die Eröffnung des Festspielhauses, der Landesbibliothek und des Landeskonservatoriums.
VLK/A.Serra
Der Vorsorgemedizin habe Keßler einen deutlich höheren Stellenwert eingeräumt, Gewässerschutz und Luftreinhaltung habe er zur Chefsache erklärt, heißt es in der Mitteilung des Landes weiter. Zudem habe Keßler die Familie als Keimzelle der Gesellschaft gestärkt. „Für die positive Entwicklung unserer Heimat hat er ein gutes Fundament gelegt und Vorarlberg zu einer modernen Industrieregion mit sozialem Antlitz weiterentwickelt“, so Wallner.
Dynamische Entwicklung des Landes
Der Amtsantritt von Keßler fiel in eine wirtschaftlich, sozial und kulturell neue Ära in Vorarlberg. Hatte es unter seinem Vorgänger Ulrich Ilg noch gegolten, die Menschen im Land mit dem Nötigsten zu versorgen und den materiellen und ideellen Wiederaufbau nach dem Krieg und der NS-Zeit voranzutreiben, so stand Keßler 1964 mit seinen damals erst 39 Jahren vor einer neuen Herausforderung: die Wirtschaft und Infrastruktur auf zukunftsfähige Beine zu stellen und auf die steigenden, auch immateriellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu reagieren.
Altlandeshauptmann Herbert Keßler gestorben
Alt-Landeshauptmann Herbert Keßler ist in der Nacht auf Samstag im 94. Lebensjahr gestorben. Der Rankweiler hat zwischen 1964 und 1987 die Vorarlberger Landesgeschichte stark geprägt.
Während der Amtszeit Keßlers hat sich Vorarlberg dynamisch entwickelt: Die Bevölkerung nahm von rund 240.000 auf 320.000 zu, die Zahl der Beschäftigten verdoppelte sich nahezu von 61.000 auf 117.000. Das Landesbudget versiebzehnfachte sich zwischen 1965 und 1987 von 420 Millionen auf 7,2 Milliarden Schilling (von 30,5 Mio. Euro auf 523,2 Mio. Euro). 1961 besaß jeder elfte, 1986 jeder dritte Vorarlberger ein Auto.
Lebensmotto: „Tue recht und scheue niemand“
Anlässlich seines 90. Geburtstags 2015 sagte Keßler zu den „Vorarlberg Nachrichten“, dass ihm Effekthascherei - um kurzfristig im Mittelpunkt zu stehen - in seiner Zeit als Politiker zuwider gewesen sei. Seine Devise während der Amtszeit lautete: „Tue recht und scheue niemand.“
volare
Politisch bekannte sich Keßler immer als christlich-sozial. Gegenüber der Bundesregierung in Wien vertrat er stets einen entschiedenen Föderalismus. So betonte Keßler bei seiner letzten öffentlichen Rede auf dem ÖVP-Parteitag 2015, „dass der Bundesstaat Österreich noch nicht jene bundesstaatliche Gliederung aufweist, wie sie echten Bundesstaaten zukommen müsste“.
Politischer Rückzug im Jahr 1987
Keßler wurde am 2. Februar 1925 in Bludesch geboren. 1927 zog die Familie nach Rankweil um. Nach Beendigung seiner Schullaufbahn wurde Keßler ab April 1943 in den Reichsarbeitsdienst eingezogen, später musste er den Kriegsdienst in der deutschen Wehrmacht absolvieren. Nach dem Krieg absolvierte Keßler zunächst ein Studium der Rechtswissenschaften, ehe er 1954 für die Volkspartei in den Landtag einzog.
Landeshauptmann Wallner zum Tod Keßlers
Das Land Vorarlberg trauert um eine „große politische Persönlichkeit“ - mit diesen Worten würdigt Landeshauptmann Markus Wallner den verstorbenen Alt-Landeshauptmann Keßler.
Von 1957 bis 1964 fungierte er als Bürgermeister der Marktgemeinde Rankweil, 1964 löste er Ulrich Ilg als Landeshauptmann ab. 1987 zog sich Keßler aus der Politik zurück. Keßler war verheiratet und hatte drei erwachsene Kinder.
Kurz: „Grundstein für Erfolg des Landes gelegt“
„Österreich verliert mit Herbert Keßler einen engagierten Politiker, großartigen Landeshauptmann und eine verdiente Persönlichkeit“, zollte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dem ehemaligen Vorarlberger Landeshauptmann Respekt. „Herbert Keßler hat durch sein Wirken maßgeblich den Grundstein für den heutigen Erfolg des Landes Vorarlberg gelegt. In den 23 Jahren als Landeshauptmann konnte er unzählige Weichenstellungen für das Land vornehmen.“
Er habe in seiner Amtszeit großes Engagement für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Nachbarländern und die Stärkung Vorarlbergs in der gesamten Region gezeigt, so der Bundeskanzler. „Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie. Wir gedenken in voller Dankbarkeit für seine Verdienste um das Land Vorarlberg und die Republik Österreich“, so Kurz abschließend.
Bischof Elbs: „Politik als Form der Nächstenliebe“
Auch die Katholische Kirche Vorarlberg lobt die Verdienste von Keßler. „Die Werte von Solidarität und christlicher Nächstenliebe, dass niemand von der Gesellschaft zurückgelassen wird, haben das Handeln von Herbert Keßler als Politiker geprägt“, erinnert sich Bischof Benno Elbs an den Alt-Landeshauptmann.
„Sein Verständnis von Politik deckte sich mit der Haltung, die Papst Franziskus in seinem Schreiben Evangelii gaudium fordert: ,Politik ist eine der wertvollsten Formen der Nächstenliebe, weil sie das Gemeinwohl anstrebt’“, so Elbs. Keßler habe nicht nur die Politik, sondern auch die Kirche des Landes begleitet und unterstützt. So fällt etwa auch die Errichtung der Diözese Feldkirch 1968 in die Amtszeit Keßlers.
Bitschi: „Meilensteine gesetzt“
Auch FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi wüdigte Keßlers Leistungen als Vorarlberger Landeshauptmann: „Herbert Keßler hat in Vorarlberg Meilensteine gesetzt und das Land vor allem wirtschaftlich dynamisch entwickelt.“ Bitschi erinnerte zudem daran, dass es Keßler war, der die Freiheitlichen 1974 in die Landesregierung geholt hat. „Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie“, so Bitschi abschließend.