Festspieleröffnung mit politischen Untertönen

Am Mittwochvormittag sind die 73. Bregenzer Festspiele eröffnet worden. Bundespräsident Alexander Van der Bellen nahm die Eröffnung zum Anlass, eine Lanze für die Freiheit der Kunst sowie die Meinungs- und Pressefreiheit zu brechen.

Van der Bellen nahm das Stück „Böhm“ von Paulus Hochgatterer und Nikolaus Habjan zum Anlass, einige Gedanken zur Freiheit der Kunst anzustellen. Das Werk, das heuer im Rahmen der Bregenzer Festspiele zu sehen ist, setzt sich kritisch mit der Biografie des Dirigenten Karl Böhm (1894 - 1981) auseinander - besonders zur Zeit des Nationalsozialismus.

Van der Bellen: Kunst muss „frei“ und „möglich“ sein

Früher hätten viele gefragt „Dürfen’s denn das?“ und hätten damit die Freiheit der Kunst in Frage gestellt, sagte der Bundespräsident. Das sei heute nicht mehr der Fall. Relevant sei aber immer noch die Frage: „Was soll Kunst?“ Seine Antwort: In einer liberalen Gesellschaft müsse gelten, dass Kunst „gar nichts“ soll.

Kunst könne „unterhaltend“ oder ein „Freizeitvergnügen“ sein, „schwer“ und „traurig“, „kritisch“, oder „behübschend“. „Aber sie soll es nicht ‚sollen’“, so Van der Bellen. Vor allem müsse sie „möglich“ und „frei“ sein. Das müssten Politik, Publikum und Gesellschaft aushalten - nicht nur um der Kunst willen, sondern weil eine offene, freie Gesellschaft daran gemessen werden könne, was sie möglich mache.

Van der Bellen betont Pressefreiheit

Auch die Meinungs- und Pressefreiheit stellte Van der Bellen als wichtige Errungenschaft der Demokratie dar. Es brauche Journalisten, die den Wahrheitsgehalt von Gerüchten prüfen könnten. „Stichhaltige Gerüchte gibt es nicht“, spielte der Bundespräsident in diesem Zusammenhang auf einen Sager von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus an. Es brauche Journalisten, die ihre Kontrollfunktion wahrnehmen und politisch Handelnde hinterfragen und kritisieren würden.

Rede Bundespräsident Van der Bellen

Bundespräsident Van der Bellen betonte in seiner Rede die Wichtigkeit der künstlerischen Freiheit: Kunst müsse nichts, sie solle frei sein.

Die Freiheit der Kunst, die Presse- und Medienfreiheit und die Freiheit jedes Einzelnen seien, global gesehen, rare Güter, meinte der Bundespräsident abschließend: „Also achten wir darauf, dass es so bleibt“.

Blümel: Grenzen für die Freiheit der Kunst?

Auch Kunst- und Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) widmete sich in seiner Rede der Freiheit der Kunst. Passend zum Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 würden sich auch die Bregenzer Festspiele durch die Aufnahme des Stücks „Böhm“ ihrer eigenen Geschichte widmen. Zur Eröffnung des Bregenzer Festspielhauses 1980 hatte Böhm Ludwig van Beethovens neunte Symphonie dirigiert. Schon davor war er mehrmals für die Festspiele tätig gewesen. Anders als bei Carmen, deren Freiheitskampf Blümel als „heroisch und pur“ bezeichnete, sei die Biografie Böhms „beklemmende Realität“.

Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP)

Kulturminister Gernot Blümel sprach über die Freiheit der Kunst und Pflicht jedes Einzelnen, die eigene Meinung zu prüfen.

Mit Verweis auf die totalitären Regime des 20. Jahrhunderts meinte Blümel, dass gefährlichen Entwicklungen „Tür und Tor“ geöffnet wären, wenn Kunst nicht als „Selbstzweck“, sondern als Mittel zum Zweck gesehen werde - dann nämlich, wenn sie nur als Bestätigung dessen genutzt wird, was vom System als „wahr“ vorgegeben wird. Gleichzeitig stelle sich die Frage, ob es auch Grenzen für die Freiheit der Kunst gebe. Der Skandal um die „Echo“-Verleihung in Deutschland habe gezeigt, dass man niemals dem gerade vorherrschenden Mainstream folgen sollte, ohne vorher die eigene Meinung einer Prüfung unterzogen zu haben.

Metzler: „Staunend machender Organismus“

Festspielpräsident Hans-Peter Metzler betonte, dass die Festspiele ein Vorbild seien, wenn es darum gehe, Tradition und Neues zu verbinden. Er sprach sich dafür aus, dass in Vorarlberg noch stärker ein Bildung fördernder Nährboden geschaffen werde. Es gehe darum, in der heutigen Vielfaltsgesellschaft Ideen zusammenzubringen und nicht zu trennen. Das müsse sich die Politik stets vor Augen halten.

Festspielpräsident Hans-Peter Metzler

Metzler nannte die Festspiele einen „staunend machenden Organismus“. Musiktheater müssen die Menschen für „Neues“ sensibilisieren.

Die Festspiele, so Metzler, schafften es, Menschen zusammenzubringen - hinter, auf und vor der Bühne. Es sei ein „staunend machender Organismus“, der eine spezielle Atmosphäre schaffe. Es gehe auch um ein geteiltes Erleben - sowohl für die Aufführenden als auch für die Konsumierenden. Musiktheater, so hob Metzler hervor, habe eine tragende Bedeutung für die Sensibilisierung des Menschen für Neues - mit substanzieller Verschränkung von ästhetischer Bildung und Politischem.

29-mal „Carmen“

Die erste Premiere der 73. Bregenzer Festspiele gilt am Mittwochabend im Festspielhaus der österreichischen Erstaufführung der Oper „Beatrice Cenci“ von Berthold Goldschmidt. Auf der Seebühne wird ab Donnerstag wie im Vorjahr Georges Bizets „Carmen“ gezeigt. Bis zum Festivalende am 20. August wird die Inszenierung 29-mal zu sehen sein, die Hausoper „Beatrice Cenci“ kommt dreimal zur Aufführung.

Das Interesse an beiden Werken ist groß: Rund 95 Prozent der 210.000 Tickets für „Carmen“ sind gebucht. Von den 4.650 Karten für „Beatrice Cenci“ wurden ebenfalls rund drei Viertel verkauft. Mit Spannung erwartet wird die erste Opernregiearbeit von Karl Markovics, der das Festspielauftragswerk „Das Jagdgewehr“ des Tiroler Komponisten Thomas Larcher am 15. August erstmals auf die Bühne bringen wird.

Links: