Aus für Pflegeregress - Finanzierung offen

Die rasche Abschaffung des Pflegeregresses auf Angehörige zur Finanzierung der Heimkosten ist derzeit in aller Munde. Unklar ist aber die Gegenfinanzierung. Eine Möglichkeit wäre die Einführung der Erbschaftssteuer.

Eine Erbschaftssteuer mit einem Freibetrag von einer Million Euro würde der Republik Einnahmen von 500 Millionen Euro jährlich bringen, so lautet die Rechnung des SPÖ-geführten Sozialministeriums. Das sei mehr als genug, um den Pflegeregress abzuschaffen.

Loacker: Erbschaftssteuer nur kleiner Eingriff

Auch ÖGB-Vorsitzender Nobert Loacker fordert die Abschaffung des Pflegeregresses auf Angehörige zur Finanzierung der Heimkosten. Für Loacker ist die Erbschaftssteuer für Millionäre ein wesentlich kleinerer Eingriff in Eigentumsrechte als der bestehende Pflegeregress.

Das Land müsse daher – unabhängig von der bundesweiten Debatte – den Pflegeregress abschaffen oder zumindest die Frist stark verkürzen. Derzeit greift das Land Vorarlberg für die Pflegekosten bis zu zehn Jahre zurück auf das Eigentum zurück.

Wallner gegen Erbschaftssteuer

Auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kann sich eine Abschaffung des Pflegeregresses vorstellen. Er will aber zuerst die Finanzierungsfrage klären. Denn ein Wegfall würde bedeuten, dass allen Bundesländern zusammen zwischen 150 und 250 Millionen Euro pro Jahr fehlten. Und auf dieses Geld könne und wolle man nicht verzichten. Die von der Bundes-SPÖ zur Gegenfinanzierung vorgeschlagene Erbschaftssteuer lehnt Wallner jedenfalls kategorisch ab. Arbeiterkammer-Präsident Hubert Hämmerle will sich einer Erbschaftssteuer nicht unbedingt verschließen. Der Freibetrag von einer Million Euro müsste aber klar geregelt sein, denn es dürften nicht wieder normale Arbeitnehmer zur Kassa gebeten werden.

Mohr sieht Sache skeptisch

Erwin Mohr, langjähriger Bürgermeister von Wolfurt und jetzt bei der Seniorenplattform Bodensee tätig, ist skeptischer, was die Abschaffung des Pflegeregresses angeht. Grundsätzlich könne man nichts dagegen einwenden, die Finanzierung müsse aber geklärt sein. So wie es derzeit diskutiert werde, sei es mehr ein Wahlzuckerl.

Außerdem gelte es zu bedenken, sagt Mohr: wenn der Pflegeregress völlig abgeschafft ist, dann werden viel Menschen ins Heim kommen - das sei teurer als eine 24-Stunden-Betreuung, aber die Heimkosten wären dann ja keine finanzielle Belastung mehr für die betroffenen Familien.

Sehr verschieden Bundesländer-Regelungen

Die Bundesländer haben sehr unterschiedliche Regelungen, wie stark auf das Vermögen Pflegebedürftiger und Angehöriger zurückgegriffen wird, um Heimkosten zu decken. In allen Bundesländern müssen Pflegeheim-Bewohner Pension und Pflegegeld aber bis auf ein Taschengeld abliefern, ebenso Einnahmen aus Vermietungen oder Verpachtungen, aus Fruchtgenussrechten und Leibrenten. Wenn es rechtlich möglich und persönlich und wirtschaftlich zumutbar ist, müssen auch Liegenschaften, Barvermögen, Sparbücher, Wertpapiere und ähnliches eingesetzt werden. Die Differenz auf die tatsächlichen Heimkosten wird dann über einen Antrag auf Mindestsicherung abgegolten.

Vorarlberg hat längste Schenkungsfrist

Neben einem Freibetrag von 10.000 Euro bleiben auch das Eigenheim oder eine Eigentumswohnung unangetastet, wenn sie dem Ehepartner, eingetragenen Partner oder einem Kind des Pflegeheimbewohners zur Deckung des unmittelbaren Wohnbedarfs dienen.

Bei Schenkungen zu Lebzeiten hat Vorarlberg die längste Frist aller Bundesländer: Bei Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor Beginn des Heimaufenthaltes des Schenkenden muss der Beschenkte jährlich vier Prozent des Verkehrswertes der Liegenschaft als Beitrag zu den Pflegeheimkosten abliefern. Grundsätzlich gilt also, wie es Fachbereichsleiter Martin Herburger im Amt der Landesregierung formuliert: Selbsterworbenes Einkommen und Vermögen der Angehörigen von Pflegeheimbewohnern bleiben unangetastet - mehr dazu in Pflegeregress: Weitere Entwicklung unklar (vorarlberg.ORF.at)