Industrie: Initiative gegen Verwaltungsstrafen

Die Wirtschaftskammer kritisiert die Höhe von Verwaltungsstrafen. Georg Comploj, Obmann der Sparte Industrie, nennt die Strafpraxis völlig überzogen. Er schlägt die Einführung von Ermahnungen und bedingten Strafen vor.

Der Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Georg Comploj hält die derzeitige Praxis „überbordender Strafen“ völlig überzogen. "Wir schlagen daher die Einführung von Ermahnungen, bedingten Strafen und eines Strafrahmens anstelle der kumulativen Bestrafung nach der Anzahl der Übertretungen vor“, so Comploj. Die Verwaltungsstrafen waren eines der zentralen Themen beim diesjährigen Treffen der Industriesparten der Länderkammmern in Kärnten.

Kleine Regelverletzungen mit großen Folgen

Mittlerweile könnten kleine Regelverletzung exorbitante Folgen nach sich ziehen, so Comploj. Überschreiten mehrere Mitarbeiter – und wenn auch nur um Minuten - die zulässige Arbeitszeit, so löst jede einzelne Arbeitszeitüberschreitung eine Strafe aus; unabhängig davon, ob der Geschäftsführer davon Kenntnis hatte oder nicht. Ein Beispiel könnte die Arbeitszeitüberschreitung von Montagemitarbeitern aufgrund einer Flugverspätung sein. „Da kommen schnell zehntausende Euro und mehr zusammen“, sagt Comploj.

Verschärfend komme hinzu, dass Regelungen oft unpräzise seien und verschieden interpretiert werden könnten. Das gelte etwa für die Frage, ob im Einzelfall ein Werkvertrag oder ein Dienstvertrag vorliege.

Comploj: Der Gesetzgeber ist in die Pflicht zu nehmen

Der Gesetzgeber müsse eindeutige Regelungen treffen, damit nicht allein aus dem Interpretationsspielraum enorme Verwaltungsstrafen entstehen könnten. Diese und andere überbordende Strafen haben die Industrievertreter der Landeskammern schon vor einem Jahr veranlasst, ein Expertengutachten zur Gestaltung eines modernen Unternehmensstrafrechts einzuholen.

Diese Vorschläge lägen schon seit einiger Zeit vor. Es werde die Aufgabe der interessenpolitischen Arbeit sein, die Umsetzung bei der Rechtsgestaltung voranzutreiben, so Comploj.

Die Forderungen der Industrie

  • Ein Vergehen - eine (angemessene) Strafe
    Anstelle einer Strafe je Übertretung sollte die Anzahl der Übertretungen in einem vorhandenen Strafrahmen erfasst werden. Eine derartige Regelung gilt zum Beispiel auch in Deutschland.
  • Ermahnen vor Bestrafen
    In Fällen geringfügiger Übertretungen und geringfügiger Verschulden sollte es der Behörde ermöglicht werden, primär Ermahnungen aussprechen zu können, bevor gestraft wird.
  • Keine Mindeststrafe
    Eine weitere Forderung ist der Entfall der Mindeststrafe, da sie in Zusammenhang mit der derzeitigen Kumulierung zu exorbitanten Strafen führt. Weiters muss es auch rechtswirksam möglich sein, dass Geschäftsführer einzelne Aufgaben und die Einhaltung von Vorschriften an verantwortliche Beauftragte delegieren, da die Geschäftsführer nicht jedes Detail selbst kontrollieren und prüfen können.
  • Keine Verschuldensvermutung
    Ein wesentlicher Punkt ist auch die Abschaffung der Verschuldensvermutung. Nach dem österreichischen Verwaltungsstrafrecht hat der Beschuldigte glaubhaft zu machen, dass eine Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden übertreten wurde, während im gerichtlichen Strafverfahren der Beschuldigte so lange als unschuldig gilt, bis dessen Schuld erwiesen ist.
  • Einführung der Unternehmensstrafbarkeit
    In einer modernen Unternehmensorganisation erweist sich die Bestrafung von Einzelpersonen, sofern nicht ein besonderer Verschuldensumstand vorliegt, als nicht mehr sachgerecht. Zeitgerechte Haftungs- und Sanktionssysteme ziehen primär das Unternehmen selbst zur Verantwortung. Ähnlich der gerichtlichen Verbandsverantwortlichkeit soll auch im Verwaltungsstrafrecht die Unternehmensstrafbarkeit etabliert werden. Eine Doppelbestrafung, sowohl des Unternehmens als juristische Person als auch der verantwortlichen Führungskraft als Einzelperson, ist aber jedenfalls auszuschließen.