Erstes Primärversorgungszentrum in Planung

In Vorarlberg laufen bereits die Planungen zur Errichtung des ersten Primärversorgungszentrums. Das hat Ärztekammerpräsident Michael Jonas im Samstaginterview von Radio Vorarlberg bekanntgegeben. Das Zentrum soll in Bregenz entstehen.

Im Samstaginterview sagte Jonas, dass das Primärversorgungszentrum derzeit von der VGKK und der Ärztekammer geplant werde. Solche Einrichtungen, in denen mehrere Allgemeinmediziner und Vertreter anderer Gesundheitsberufe gemeinsam arbeiten, waren lange Zeit politisch heiß umkämpft. Jetzt ist ein Bundesgesetz dazu in Begutachtung. In Vorarlberg wird das erste Zentrum laut Jonas in Bregenz geplant, dieses könne in ein bis zwei Jahren fertig sein.

Für Jonas sind solche Zentren nur in Ballungsräumen wie dem Rheintal denkbar. Im Bregenzerwald hingegen würde das bedeuten, dass alle Ärzte der Region in einem Ort konzentriert seien und es dann in peripheren Gemeinden keine Ärzte mehr gebe. Solch ein Vorhaben in Egg hätten auch die Bregenzerwälder Bürgermeister kategorisch abgelehnt.

„Es gibt eine Mehrklassenmedizin“

Weiteres Thema im Interview ist die Zwei - oder Mehr-Klassen-Medizin. Die Zahl der Wahlärzte ist in Vorarlberg in den vergangenen zehn Jahren nach Ministeriumsangaben um 20 Prozent gestiegen. Derzeit gibt es rund 360 Wahlärzte im Land. Dort bekommt man recht schnell einen Termin, doch ein Wahlarzt kostet. Und auch Privatversicherte warten selbst bei ausgelasteten Kassenärzten meist nur wenige Tage. Gleichzeitig sind für Kassenpatienten monatelange Wartezeiten bei Kassenärzte keine Seltenheit.

Ärztekammer-Präsident Jonas sieht die Ursache für diese Zwei-Klassen-Medizin in einer Spar- und Beschränkungspolitik der Krankenkassen, wie er im Samstaginterview erläutert. „Es wäre vermessen, zu sagen, dass es keine Unterschiede gäbe. Es gibt eine Mehrklassenmedizin, die hat es auch schon immer gegeben - und die wird es auch immer geben, solange nicht die soziale Krankenversicherung ihre Begrenzungen beim Zugang behindert“, so Jonas.

„Dogma der sozialen KV als Hemmschuh“

Beim kassenärztlichen Bereich gelte im Gegensatz zum privatärztlichen Bereich "eine ausreichende und zweckmäßige und das Maß des Notwendigen nicht überschreitende Diagnostik und Therapie. Daran hätten sich die Kassenärzte zu halten. Die soziale Krankenversicherung sei immer bemüht, hier den Zugang extrem zu reglementieren.

„Da ist das Dogma der sozialen Krankenversicherung ein großer Hemmschuh und meiner Meinung nach auch die Hauptursache für die Förderung der Mehrklassenmedizin“, so Jonas, der diese Woche als Vorarlberger Ärztekammerpräsident wiedergewählt wurde. Die Ärztekammer habe sich mit der VGKK klar bemüht, die Kassenverträge für Ärzte zu vermehren. Das sei auch in ordentlichem Maße geschehen, „aber das geht eben nur im Rahmen des ökonomisch Möglichen“, so Jonas. Die Ärztekammer sei nicht der Geldgeber.

Ärztemangel: „An mehreren Stellschrauben arbeiten“

Um dem Ärztemangel entgegenzuwirken, will die Ärztekammer mit einer weiteren Kampagne das Image des Allgemeinmediziners verbessern. Die Allgemeinmedizin sei „eine bedrohte Spezies“, man müsse an mehreren Stellschrauben arbeiten.

Es gehe um den Zugang zur Ausbildung - hier verweist Jonas auf das vor eineinhalb Jahren neu eingeführte Ausbildungssystem. Bei dem müssen die Jungmediziner sich schon nach neun Monaten entscheiden, ob sie Allgemein- oder Fachmediziner werden wollen - mehr dazu in: Ärzteausbildung neu: Bilanz über Einführung. Allerdings berge das auch die Gefahr, dass der Arzt in Ausbildung während dieser Zeit Gefallen an einer anderen Fachrichtung finde und etwa im Krankenhaus bleibe.

Jonas verweist auf die gestiegene Mobilität und die vielen Möglichkeiten der jungen Generation. Die jungen Menschen wollten sich nicht mehr 30 Jahre an einen Standort binden, deshalb müsse man Übergangsmodelle anbieten.