Neue Meilensteine im Gewaltschutz gefordert

Jede fünfte Frau wird einmal in ihrem Leben Opfer von häuslicher Gewalt. Die erste Anlaufstelle ist vielfach der Hausarzt oder das Personal im Krankenhaus. Mit einer neuen Checkliste soll die Dokumentation erleichtert werden.

Die erste Hürde für die Ärzte ist aber laut der Gerichtsmedizinerin Andrea Berzlanovich erst einmal das Erkennen von häuslicher Gewalt als solche. Da führe kein Weg daran vorbei, einfach bei den Patientinnen direkt nachzufragen. Hier verweist Berzlanovich auf eine aktuelle Studie der europäischen Grundrechteagentur, die besagt, dass neun von zehn Frauen gefragt werden wollen, wie die Verletzungen zu Stande gekommen sind.

„Es braucht den Mut der Ärzte nachzufragen“

Allerdings fehle es oft an Genauigkeit und Interesse seitens der Ärzte und an Mut seitens der Opfer sich zu öffnen. Hier brauche es vor allem den Mut der Ärzte nachzufragen.

Entscheidend ist bei häuslicher Gewalt aber vor allem die Dokumentation der Verletzungen. Eine neue vierseitige Checkliste soll den Ärzten dabei helfen. „Und wenn nach diesen Vorgaben gehandelt wird, sollten auch mehr Täter hinter Gitter kommen“, ist sich Berzlanovich sicher.

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ifs-Gewaltschutzstelle

Wichtig sei es auch, dass die Betroffenen sofort an Hilfs- uns Beratungseinrichtungen weitervermittelt werden. Dadurch kann auch gleich mit der seelischen Verarbeitung der gewalttätigen Übergriffe begonnen werden.

Gewaltschutzgesetz soll weiter angepasst werden

Das Gewaltschutzgesetz wird heuer 20 Jahre alt. Galt es bei der Einführung als Meilenstein, soll es nun weiter angepasst werden: Auch die Täter sollen künftig vermehrt in die Verantwortung genommen werden.

Die Leiterin der ifs-Gewaltschutzstelle, Ulrike Furtenbach, fordert: „Auch die Täter müssen mehr in die Verantwortung genommen werden.“ Zusätzliche Angebote seien nötig, damit die Täter besser und schneller lernen, mit ihrer Gewaltbereitschaft umzugehen.

Häusliche Gewalt: Jede fünfte Frau betroffen

Wie wichtig es ist, das Gewaltschutzgesetz immer wieder zu reformieren und an die Bedingungen anzupassen, zeige sich an den Zahlen: Jede fünfte Frau ist mindestens einmal im Leben von häuslicher Gewalt betroffen. Dennoch fehle laut der ifs-Gewaltschutzstelle derzeit das Miteinbeziehen der Täter.

„Gewaltschutzgesetz ein Erfolgsmodell“

Das Gewaltschutzgesetz wurde in den vergangenen 20 Jahren immer wieder adaptiert und an die Bedingungen angepasst. Generell sei es ein Erfolgsmodell, so Furtenbach, auch sehr aktuell. Als Beispiel nennt die ifs-Leiterin die Wegweisungs- und Betretungsverbote.

2016 wurden in Vorarlberg 308 solcher Wegweisungs- und Betretungsverbote ausgesprochen. Dass die Dauer der Verbote von sieben auf mittlerweile 14 Tage erhöht wurde, gehört laut Furtenbach zu einem der größten Meilensteine im Gewaltschutz. Deutlich mehr Frauen könnten in Akutsituationen besser geschützt werden und seien den Tätern nicht ausgeliefert, erklärt Furtenbach.