Startschuss für die 70. Bregenzer Festspiele

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Mittwoch die 70. Bregenzer Festspiele eröffnet. Er nutzte seinen letzten Auftritt auch, um einen würdigeren Umgang mit Flüchtlingen einzufordern. Erstmals stehen die Festspiele unter der Leitung der Intendantin Elisabeth Sobotka.

Die Berichterstattung im ORF:

70. Bregenzer Festspiele 2015 im ORF

Rund 2.000 Besucher sind auch heuer wieder zu den Feierlichkeiten gekommen, darunter Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und weitere Minister. Gegen 11.30 Uhr eröffnete Bundespräsident Fischer die Bregenzer Festspiele offiziell. Es war seine zwölfte und damit letzte Eröffnungsfeier: Im kommenden Jahr steht bekanntlich die Wahl des Bundespräsidenten an, Fischer darf nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren. Seinen letzten Auftritt nutzte er unter anderem dazu, die drängende Flüchtlingsfrage zu thematisieren.

Während Fischer Abschied nahm, begann für die Festspiele selbst eine neue Zeitrechnung: Elisabeth Sobotka hatte bei der Eröffnung ihren ersten großen Auftritt als neue Intendantin der Festspiele. Erstmals steht damit eine Frau an der Spitze des traditionsreichen Festivals. Das Publikum hieß Sobotka am Mittwoch mit großem Applaus willkommen. Mit Giacomo Puccinis „Turandot“ und Jacques Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ setzt sie in ihrer ersten Saison auf bekannte Opernklassiker, präsentiert sie aber zugleich in völlig neuem Gewand.

Eindrücke von der Eröffnungsfeier

Fischer: „Ein Stück Menschenwürde“

Bundespräsident Heinz Fischer gratulierte den Festspielen in seiner Eröffnungsrede zunächst zum 70. Geburtstag und zur Auszeichnung als bestes Festival des Jahres. Bezugnehmend auf den Erfolg vieler Festivals meinte Fischer, dass im „innersten Kern“ von Festspielen immer eine Idee, ein Prinzip oder ein moralisches Anliegen stehen müsse. Bei Festspielen nach 1945 seien das Freiheit, Frieden und die Würde des Menschen gewesen.

So seien auch die Festspiele im Jahr 2015 gefordert, „Frieden und Menschenwürde“ sowie die Gleichheit aller Menschen „am Beispiel des Umganges mit Flüchtlingen ins Gedächtnis zu rufen und mit Leben zu erfüllen.“ Fischer betonte, dass Österreich verpflichtet sei, denjenigen, denen Asyl zugesprochen werde, „ein Stück Menschenwürde zu gewähren“ – unabhängig von ihrer Religion oder Staatsbürgerschaft.

Gelächter nach kleinem Lapsus

Der Bundespräsident, der schon in der Vergangenheit bei den Bregenzer Festspielen immer wieder mit kleineren Versprechern für wohlwollende Lacher gesorgt hatte, kam auch bei seinem 12. und letzten Auftritt in Bregenz nicht ganz fehlerlos über die Runden. So wollte er den leitenden Personen der „Salzburger Festspiele“ viel Vergnügen bei ihrer Arbeit wünschen, besann sich dann aber eines Besseren. Das Publikum nahm den kleinen Lapsus mit Humor.

So sieht „Turandot“ auf der Festspielbühne aus

Ostermayer kritisiert Kurz

Bundesminister Josef Ostermayer (SPÖ) bezeichnete Kunst in seiner Rede als „Scheinwerfer“, der zeige, was menschlich geboten oder unmenschlich sei, so Ostermayer. Kritik übte er vor diesem Hintergrund am Begriff „übersolidarisch“. Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte sich dieses Begriffs bedient, um die mangelnde Solidarität anderer EU-Staaten in der Flüchtlingsfrage zu kritisieren. „Übersolidarisch“ insinuiere aber, dass es "zu viel an Miteinander“ geben könne, sagte Ostermayer am Mittwoch. Dabei könne es in jeder Gesellschaft nie genug Solidarität geben.

Festspielpräsident Hans-Peter Metzler erinnerte in seiner Eröffnungsrede an die Leitmotive der Bregenzer Festspiele: „Offenheit, Toleranz und Förderung“. Ihnen blieben die Festspiele bis zum heutigen Tag treu, so Metzler. Die neue Festspielintendantin Elisabeth Sobotka bezeichnete er als „die Lösung“ und eine „Bereicherung aus dem Osten“ und begrüßte sie „stellvertretend für die inspirierende Mehrheit der Bevölkerung.“

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Elisabeth Sobotka im Porträt

Keine weibliche Handschrift, sondern „ihre“ Handschrift werde die Bregenzer Festspiele prägen, sagt Elisabeth Sobotka, die erste Frau an der Spitze des Festivals. Ein Portträt.

Opernklassiker in neuem Gewand

Für Elisabeth Sobotka sind es die ersten Bregenzer Festspiele in ihrer neuen Funktion als Intendantin. Kritik an ihrer eher konservativen Auswahl der Stücke - sowohl „Turandot“ als auch „Hoffmanns Erzählzungen“ gelten als Klassiker - wies Sobotka stets zurück, schließlich handle es sich bei den in Bregenz zu sehenden Fassungen um neue Versionen bzw. Interpretationen der beiden Werke.

Tatsächlich wird etwa die unvollendete Oper „Turandot“ erstmals in Österreich mit jenen Szenen gezeigt, die Opern-Vollender Franco Alfano hinzugefügt hatte, dann aber gestrichen worden waren. Komponist Puccini selbst verstarb bekanntlich zwei Jahre vor der Uraufführung. Unvollendet blieben auch „Hoffmanns Erzählungen“. Laut Sobotka benutze Regisseur Stefan Herheim in den letzten Jahren aufgetauchte Teile als Steinbruch, um ein neues Stück zu entwickeln - mehr dazu in Neue Festspielintendantin von „Turandot“ überzeugt.

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Vorschau zu „Turandot“

Das heurige Spiel auf dem See, Puccinis „Turandot“, besticht nicht nur durch eine zeitlose Thematik, sondern auch durch eine beeindruckende Kulisse.

„Turandot“ vor riesiger chinesischer Mauer

Puccinis „Turandot“ feiert am Mittwochabend Premiere auf der Bregenzer Seebühne. Im Mittelpunkt der Oper steht die chinesische Prinzessin Turandot, die alle Brautwerber mehreren Proben unterzieht. Bestehen sie nicht, lässt sie die Prinzessin enthaupten. Regisseur Marco Arturo Marinelli will bei der Oper vor allem die psychologischen Aspekte betonen. Marinelli - er fungiert auch als Bühnenbildner - baut aber ebenso auf die spektakuläre Kulisse. Das zentrale Element auf der Seebühne, eine Nachbildung der chinesischen Mauer, ist 27 Meter hoch, 72 Meter breit und wiegt 335 Tonnen - mehr dazu in Chinesische Mauer am Bodensee.

„Hoffmanns Erzählungen“ im Festspielhaus

„Hoffmanns Erzählungen“ im Festspielhaus

Im Haus feiert am Donnerstagabend die Oper „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach Premiere. Mit dem Norweger Stefan Herheim gelang es, einen Regisseur zu verpflichten, der für durchaus kontroverse Inszenierungen sorgen kann. Bei der Hausoper setzt er etwa auf einen Transsexuellen als Hoffmanns Geliebte Stella. Zudem wartet das Stück laut Dirigent Johannes Debus mit neuen musikalischen Übergängen auf. Wie „Turandot“ blieben auch „Hoffmanns Erzählungen“ unvollendet: Bei der Uraufführung 1881 war Offenbach bereits einige Monate tot.

Auch Zeitgenössisches auf dem Programm

Zeitgenössisches wird bei den Bregenzer Festspielen ebenfalls geboten. Am 19. August erlebt „Der goldene Drache“ von Peter Eötvös seine österreichische Erstaufführung. Im neuen Opernatelier erarbeiten Regisseur Ernst M. Binder, Komponist Zesses Seglias und der bildende Künstler Heimo Zobernig gemeinsam eine Oper. Läuft alles nach Plan, soll das Werk bei den Festspielen 2017 uraufgeführt werden. Im neuen Opernstudio können Interessierte bei der Erarbeitung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Cosi fan tutte“ Zeuge sein. Premiere ist am 17. August im Bregenzer Kornmarkttheater.

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