Prozess um Ausbeutung am Bau vertagt

Am Landesgericht Feldkirch hat am Mittwoch der Prozess gegen zwei Angeklagte wegen Steuerhinterziehung im großen Stil begonnen. Zwei Serben und ein Rumäne sollen rund 30 Arbeiter aus ihren Heimatländern auf Vorarlberger Baustellen ausgebeutet haben.

Die beiden Serben erschienen am Mittwoch vor Gericht, der Rumäne nicht. Ihm wird zu einem anderen Zeitpunkt der Prozess gemacht. Die drei Beschuldigten sollen rund 30 Arbeiter aus ihren Heimatländern für diverse Baustellen in Vorarlberg angeheuert und ausgebeutet haben. Gut zwei Jahre lang soll das so gelaufen sein (Jänner 2011 - März 2013). Das Eisenlegerunternehmen der Drei war für mindestens ein namhaftes Vorarlberger Bauunternehmen tätig.

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Beitrag von Georg Fabjan, Michael Gartner und Alexander Rauch.

Die Angeklagten sollen Hungerlöhne gezahlt haben. Die Bauarbeiter bekamen sechs Euro pro Stunde. Die Differenz zum Kollektivvertrag wurde schwarz ausbezahlt, ebenso Überstunden, hieß es im Prozess. Angemeldet und sozialversichert waren die Arbeiter oft nicht.

Staatsanwalt spricht von „System“

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten banden- und gewerbsmäßige Abgabenhinterziehung vor im Umfeld von organisierter Schwarzarbeit. Die Schadenssumme soll 1,5 Millionen Euro betragen. Der Gebietskrankenkasse soll durch vorenthaltene Versicherungsbeiträge knapp 800.000 Euro Schaden entstanden sein. Dem Finanzamt entgingen angeblich rund 650.000 Euro Lohnsteuern und Dienstgeberbeiträge.

Der Erstangeklagte, ein 44-jähriger, zweifach-vorbestrafter Serbe und Vater zweier Kinder sowie der Zweitangeklagte, ein 39-jähriger, unbescholtener Serbe und Vorarbeiter bedienten ein System, so Staatsanwalt Markus Fussenegger, das seit Jahren in Österreich Schule mache. Es würden Billigst-Arbeitskräfte ins vermeintliche Schlaraffenland Österreich geholt, wo sie von kleineren Unternehmen, im konkreten Fall einer Eisenleger Firma, angeheuert würden. Diese führe dann Arbeiten als Subunternehmer, oft auch für renommierte Vorarlberger Firmen, durch. Die Arbeiter bekämen oft nicht den Mindestlohn, vieles werde schwarz ausbezahlt.

Wenn Finanzamt und Sozialversicherungen Geld forderten, gingen diese Unternehmen in Insolvenz. Kurz danach gehe das Spiel weiter, so Fussenegger. Dann gründen dieselben Personen oft ein neues Unternehmen und stellten die gleichen Arbeiter wieder an. So sei es auch im konkreten Fall gewesen, erläuterte Fussenegger.

Verteidigung bestreitet Schadenssummen

Der Verteidiger des Zweitangeklagten, Gebhard Heinzle, führte aus, ein System wie dieses sei seit Jahrzehnten eine Marktgegebenheit in Österreich. Dass in der Eisenlegerbranche oft unlauter gearbeitet werde, hätten die beiden Angeklagten nicht erfunden. Das bedeute natürlich nicht, dass es erlaubt ist, was die beiden getan haben. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, so der Verteidiger.

Die Verteidigerin des Erstangeklagten, Olivia Lerch, kritisierte die angegebenen Schadenssummen des Finanzamtes und der GKK als zu hoch und realitätsfremd. Hier sei frisch-fröhlich geschätzt worden, weil die Ermittler große Freude gehabt hätten große Summen aufzuzeigen. Beim Erstangeklagten fanden die Ermittler bei einer Hausdurchsuchung 280.000 Euro in bar unter einer Matratze!

Arbeiter bereits verurteilt

Ungefähr 30 Arbeiter waren betroffen. Fast alle stammten aus Rumänien und viele waren Analphabeten. Vor einigen Monaten wurden sie wegen versuchten schweren Betruges verurteilt, weil sie, um zu Geld zu kommen, beim Insolvenzentgeldfonds zu hohe Forderungen gestellt hatten. Viele von ihnen werden bei einem weiteren Prozesstermin auch als Zeugen aussagen. Erst dann ist auch ein Urteil zu erwarten.