Mobbing: 16-jähriges Opfer klagt Schule

In einem Mobbingprozess klagt ein 16-Jähriger das Bundesgymnasium Gallus und damit die Republik auf 21.000 Euro Schmerzensgeld. Der Vorwurf: Die Schule habe ihre Sorgfaltspflicht verletzt und den Buben nicht ausreichend geschützt.

Ein spannender und möglicherweise richtungweisender Mobbing-Prozess startet am Mittwoch am Landesgericht in Feldkirch: Ein 16-Jähriger klagt zivilrechtlich die ehemalige Schule - und damit die Republik - wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht auf 21.000 Euro Schmerzensgeld. Ein Vergleichsverfahren im Vorfeld war gescheitert.

Probleme mit Schulphobie

In seiner Befragung am Mittwochvormittag räumte der 16-Jährige ein, dass er bereits vor dem Wechsel ans Gymnasium Gallus Probleme gehabt habe. Er sei mehrere Monate nicht zur Schule gegangen, weil er Angst gehabt habe. Deswegen sei er auch in fachärztlicher Behandlung gewesen.

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Beitrag von Gernot Hämmerle, Holger Weitze und Alexander Rauch. Sie sehen Thomas Mittelberger, Hans-Peter Oswald und Gernot Hämmerle.

Der Besuch des BG Gallus sollte nach Angaben des Burschen eigentlich einen Neuanfang bringen, allerdings hätten sich die Probleme mit Schulphobie auch nach dem Übertritt an die neue Schule fortgesetzt, sagte der junge Mann vor Gericht. Erschwerend sei hinzugekommen, dass er dann zwei Jahre lang jeden Tag gemobbt worden sei.

Über Monate systematisch gemobbt

Der Schüler nannte vor Gericht einige Beispiele: So hätten sich Mitschüler verächtlich über ihn geäußert, seinen Namen abfällig ausgesprochen, hätten nur „Wäh!“ gesagt, wenn er an ihnen vorbeigegangen sei und seien ihm dann ausgewichen. Einmal hätten sie einen seiner Freunde an einer Bushaltestelle gewürgt, ein anderes Mal einen Basketball mehrmals von seinem Kopf abprallen lassen. Eine Skiwoche am Golm in Vandans habe er kurzfristig abgesagt, weil er sich seinen Klassenkameraden nicht zwei Wochen lang auf einer Hütte habe ausliefern wollen.

Auf Druck der Eltern seien dann zwei Schulpsychologen zugezogen worden. Die hätten zwei Workshops zu je zwei Stunden veranstaltet, in dessen Folge das Mobbing kurzfristig nachgelassen habe. Nach seinem Wechsel an eine andere Schule gehe es ihm jetzt besser, sagte der Bursche aus. Mit den Mitschülern komme er gut zurecht, auch die Freude am Lernen habe er wieder gefunden. Auch die Noten hätten sich verbessert, bestätigte er auf Nachfrage des Richters.

Direktor: Schule hat sehr viel unternommen

Laut dem Psychiater des Buben, Hans-Peter Oswald, hätte der Fall verhindert werden können. Die Schule sei damit überfordert gewesen und habe sich nicht der Situation gestellt. Oswald wirft der Schule vor, zu wenig unternommen zu haben, um den Buben vor den Mobbingattacken seiner Mitschüler zu schützen.

Der Direktor des BG Gallus, Thomas Mittelberger, sieht den Fall anders: Die Schule habe sehr viel in dem sehr komplexen Fall unternommen. Mittelberger bezeichnet den Vorwurf als „abstrus“. Auch die Landesschulinspektorin hatte die Schule bereits im Vorfeld verteidigt. Mehr dazu in Mobbing: Schulinspektorin verteidigt Schule. Urteil wird es am Mittwoch noch keines geben.

Aussagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Am Nachmittag waren in dem Zivilprozess unter anderen der ehemalige und der aktuelle Direktor des Gymnasiums Gallusstraße geladen. Seitens der Schule wird betont, dass man sehr wohl um den Fall und das Wohl des 16-Jährigen gekümmert habe. Zu verfolgen waren die Ausführungen des Direktors aber nicht - um das Amtsgeheimnis zu wahren, fand der Prozess am Nachmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Eltern des Jugendlichen waren bereits bei der ersten Tagsatzung im Oktober zu Wort gekommen. Sie gaben an, mehrfach bei der Schulleitung interveniert zu haben, geschehen sei aber wenig. Statt die Anführer des Mobbings zurechtzuweisen, habe man lediglich angeboten, den Sohn in eine andere Klasse zu versetzen.

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