Kandidatenwechsel: Risikostrategie der ÖVP?

Die Hälfte der aktuellen ÖVP-Landtagsabgeordneten tritt zur nächsten Landtagswahl nicht mehr an. Der Politologe Peter Filzmaier sieht darin eine „nachvollziehbare Risikostrategie im Kampf um die absolute Mehrheit“.

Mit Thomas Kaufmann hat inzwischen der zehnte der 20 aktuellen ÖVP-Landtagsabgeordneten mitgeteilt, dass er bei der Landtagswahl im Herbst nicht mehr antreten wird - mehr dazu in: ÖVP-Landtagsklub schrumpft neuerlich. Auch Soziallandesrätin Greti Schmid kehrt der Politik den Rücken - mehr dazu in Schmid verlässt politische Bühne.

Von den zehn Abgeordneten machen sechs Altersgründe geltend, Kurt Fischer will sich auf das Bürgermeisteramt in Lustenau konzentrieren und weitere drei Politiker verweisen auf berufliche Gründe.

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Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit ORF-Redakteur Erik Sandner

„Politikberuf nicht mehr attraktiv“

Politikwissenschaftler Peter Filzmaier führte im Gespräch mit ORF-Redakteur Erik Sandner auch ein demokratiepolitisches Problem als Grund für die Abgänge an. Aufgrund ihres Negativ-Images scheine die Politik nicht mehr attraktiv, so Filzmair - Politiker fänden keine große soziale Anerkennung mehr. Diese Einstellung erscheine zwar aufgrund einzelner Skandalfälle als logische Konsequenz, sei aber sehr gefährlich. Denn letztlich brauche man Volksvertreter und auch engagierte Kandidaten, so Filzmair.

„Jüngere und liberaler eingestellte Kandidaten“

Es wäre eine naheliegende Strategie, vor allem aus dem Bereich der Wirtschaft jüngere und besonders liberal eingestellte Kandidaten aufzustellen - dies werde auch erwartungsgemäß die Vorgehensweise von NEOS sein, sagt Filzmair. Die Frage sei, ob sich in diesem Wettbewerb überhaupt genug mögliche Volksvertreter finden würden. Denn der Wähler wolle Vielfalt und möglichst viele Kandidaten im Wettbewerb - egal für welche politische Partei er sich entscheide.

Die Zielgruppe der ÖVP, die die absolute Mehrheit in Vorarlberg verteidigen will, wird laut Filzmair zwangsläufig die Generation 50+ sein. Das erkläre sich allein durch die Altersverteilung in der Bevölkerung. Die Strategie der NEOS könne aber eine andere sein. Hier gehe es um den Einzug in den Landtag, deshalb könne man sich auf kleinere Zielgruppen - etwa speziell auf jüngere Wähler - konzentrieren.

„ÖVP muss Risikostrategie fahren“

Zur Frage, ob es nicht insgesamt ein großes Risiko der ÖVP sei, ein halbes Jahr vor der Landtagswahl die halbe Mannschaft auszutauschen, erklärte Filzmaier, dass die Volkspartei reagieren müsse. Mit einem Routinewahlkampf, also auch mit derselben Kandidatenliste, könnte die die ÖVP nicht mehr gewinnen, glaubt Filzmaier. Allein durch die größere Zahl an Parteien würden Stimmen abwandern - insofern sei eine Risikostrategie mit neuen Kandidaten nachvollziehbar.

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