Kindeswohl vor Kriminaltaktik

Die Staatsanwälte sollen bei Verdacht auf Kindesmissbrauch künftig besser mit den Jugendämtern zusammenarbeiten. In Vorarlberg arbeiten jetzt schon Polizei, Jugendwohlfahrt und Kinderschutz zusammen, bevor es zu einer Anzeige kommt.

Gestartet wurde das Projekt „Koordination Kinderschutz“ vor gut 4 Jahren, seit einem Jahr gibt es in ganz Vorarlberg Ansprechpartner. Dabei geht es darum, dass bei Verdacht auf Kindesmissbrauch alle drei Berufsgruppen - konkret Psychologen des IfS Kinderschutz-Systems, Polizisten und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt - an einem Tisch zusammenkommen und gemeinsam die weitere Vorgehensweise festlegen: Ziel ist es, allen Erfordernissen gerecht zu werden, erklärte Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch.

Jeder Fall gesondert analysiert und geplant

Zum einen gehe es um das Kindeswohl, den Kinderschutz und zum anderen natürlich auch das öffentliche legitime Strafverfolgunginteresse. Deshalb werde in in einer abgestimmten Vorgangsweise die einzelnen Schritte beraten, erklärt Rauch. Im Rahmen einer Fallbesprechung wird auf den wirklich konkreten Fall Bezug genommen und dann die notwendigen Entscheidungen getroffen. Entscheidungen wie: wann erfolgt die Anzeige, wie wird das Kind auf eine mögliche Einvernahme vorbereitet und welche Schutzmaßnahmen kann die Jugendwohlfahrt treffen.

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Im Video zu sehen: Michael Rauch, Kinder- und Jugendanwalt; Ein Beitrag von Bruno Schratzer, Manfred Abel und Christina Lachner

Schutz der Kinder an erster Stelle

300 Fälle wurden in den vergangenen vier Jahren auf diese Art und Weise behandelt, sagt einer der Initiatoren, Harald Mayer von der Polizei Feldkirch. Das sind ein bis zwei Fälle pro Woche.

In diesen Fällen gelte es vor allem so früh wie möglich die Psychosoziale Prozessbegleitung mit ins Boot zu holen und die juristische Prozessbegleitung bereits am Beginn des Ermittlungsverfahren dabei zu haben, so Mayer. So sei sowohl von psychologischer Seite, wie auch von juristischer Seite eine bestmögliche Vertretung des Kindes gegeben.

Staatsanwaltschaft wird erst später einbezogen

Die Staatsanwaltschaft kommt in Vorarlberg also erst später ins Spiel - deshalb wird die neue Regelung in Vorarlberg keine Rolle spielen, sagt Rauch. Seiner Einschätzung nach funktioniere dieses System in Vorarlberg sehr gut. Nicht zuletzt, weil sich die Akteure untereinander kennen, regelmäßig treffen und austauschen. Es gebe eine sehr gute und vertrauensvolle Kooperation, zeigt sich Rauch zufrieden.

Das Land unterstützt das Projekt mit rund 300.000 Euro pro Jahr.