Otto Ender: Demokrat oder Putschist?

Rechtsanwalt Otto Ender war der erste demokratisch gewählte Landeshauptmann Vorarlbergs. Er war allerdings umstritten, weil er an der Abschaffung der Demokratie in Österreich mitgewirkt hat. Eine Ausstellung im Vorarlberg Museum widmet sich ab Samstag dem Politiker.

Die neue Ausstellung im vorarlberg museum trägt den Titel: „Landeshauptmann, Bundeskanzler und Putschist?“

Kurze Zeit Bundeskanzler

Vor genau 100 Jahren ist Vorarlberg zum selbständigen Land geworden. Und am 1. Mai 1934 war Otto Ender dabei, als Bundeskanzler Dollfuß die von ihm verfasste Präambel der neuen Verfassung verkündet - und zugleich den Nationalrat auflöst und die Demokratie auch formal beseitigt.

Ausstellung über Otto Ender

Das Bild von Otto Ender, der sich selbst stets als „Demokrat“ bezeichnete, ist zwiespältig. Eine Ausstellung im vorarlberg museum spürt den verschiedenen Facetten Enders nach.

Sendehinweis:

„Vorarlberg heute“, 5.10.2018,
19.00 Uhr, ORF 2

Drei Jahre zuvor war Ender selbst ein paar Monate lang Bundeskanzler und versuchte in dieser Funktion nach dem Zusammenbruch der Creditanstalt vergeblich, vom Parlament Sondervollmachten zu erhalten. Die Blockade von Gesetzen durch die starke Opposition ließ Ender zunehmend an der demokratischen Struktur zweifeln.

War Otto Ender nur ein Demokrat, der an den Verhältnissen der Nachkriegszeit scheiterte oder doch der Totengräber der Demokratie? Im Landhaus in Bregenz ziert sein Gemälde noch immer den Gang vor dem Büro des Landeshauptmanns, doch eine nach ihm benannte Stiftung wurde inzwischen zum „Landesstipendium“ umgetauft.

Ruf als aufrechter Demokrat

Peter Melichar, der Historiker des Landesmuseums, beschäftigt sich seit Jahren mit den verschiedenen Facetten des langjährigen Landeshauptmanns - etwa dem Ruf als aufrechter Demokrat, den Ender selbst kräftig förderte. „Er hat immer wieder betont, dass er demokratischer Gesinnung sei, dass das in Vorarlberg eine alte und wichtig Tradition ist“, so Melichar.

Eine mögliche Lösung der politischen Konflikte fand Otto Ender in der von Papst Pius XI. verfassten Enzyklika „Quadragesimo anno“. Diese sah in einer ständischen Gliederung der Gesellschaft ein Mittel, die drängende soziale Frage ohne Klassenkampf zu lösen. Enders „Ständeverfassung“, die von Kanzler Dollfuß im Rahmen einer so genannten „Kinderhuldigung“ im Wiener Stadion verkündet wurde, blieb aber Stückwerk: die Austrofaschisten regierten rein diktatorisch mit Hilfe von Verordnungen. Daran änderte sich auch nach der Ermordung von Dollfuß unter Bundeskanzler Schuschnigg nichts.

Von Nazis verhaftet

Otto Ender schied aus der Regierung aus und wurde Rechnungshofpräsident. 1938 verhafteten ihn die neuen Machthaber, die Nationalsozialisten, vorübergehend und erteilten ihm schließlich ein Verbot, den Gau Tirol-Vorarlberg zu betreten. Politisch engagierte sich Ender aber auch nach der Befreiung von der NS-Herrschaft nicht mehr.