„Lebens- oder Leidensverlängerung?“

Medizinerin Barbara Friesenecker spricht in der Sendung „Focus“ über das Thema „LEBENSverlängerung oder LEIDENSverlängerung – Übertherapie oder friedliches Sterben in Würde“.

Sendehinweis:

„Focus" – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg
Samstag, 16. März, 13.00 - 14.00 Uhr

Barbara Friesenecker ist stellvertretende ärztliche Leiterin der Abteilung Allgemeine und Chirurgische Intensivmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Sie verdeutlicht ihr Anliegen einleitend am Beispiel der Krankengeschichte einer 76-jährigen Patientin, die 51 Tage auf der Intensivstation zugebracht hat.

Lange Leidensgeschichte

Die Patientin hatte einen Herzinfarkt, sie war sehr dick, sie litt an vielen Magengeschwüren, an arterieller Hypertonie, begleitet von einer schweren Lungenerkrankung und einer beginnenden Demenz. Sie hatte auch ein Mamma-Karcinom. Man unterzog sie einer großen Lungenoperation.

Die Sendung zum Nachhören:

Frau E. war schon krank und bekam mit ihrem Herzinfarkt ein akutes Problem. Die Frau hat einen Dreifach-Bypass bekommen, sie hat postoperativ einen weiteren Herzinfarkt gehabt. Im Herzbeutel hat sich Blut angesammelt, das das Herz von außen zusammen gedrückt hat.

Barbara Friesenecker

Universitätsklinik Innsbruck

Dr. Barbara Friesenecker

Zwei Wochen war sie an der Herz- Lungenmaschine, zudem hat man den Brustkorb auf- und dann wieder zugemacht. Am Ende hatte die Frau ein Multiorgan-Dysfunktions-Syndrom gehabt, d.h. dass mehrere Organe - wie Kreislauf, Leber, Niere und Lunge - nicht mehr gleichzeitig funktionieren. Zwei Wochen nach ihrer Entlassung aus der Klinik ist die Patientin verstorben.

Nutzen für Patienten infrage stellen

Dieses Beispiel dient Barbara Friesenecker dazu, die Lage eines Patienten, dessen Zustand nach 51 Tagen auf der Intensivstation mit chronisch-kritisch-krank definiert wird, zu beschreiben und mit all den gesetzten medizinischen Eingriffen auf die Lebensqualität zu hinterfragen.

In der Betrachtung wird deutlich, dass „ÄrztInnen oft aus Angst, dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung ausgesetzt zu sein handeln, auch, wenn sie zum Beispiel bei Todkranken Therapien beenden oder nicht mehr beginnen. Die sehr nüchterne Botschaft lautet, es werde am Lebensende oft weitergemacht, obwohl PatientInnen keinen Nutzen mehr von diesen Therapien haben.

Gleichzeitig wird klar, dass Übertherapie das Resultat einer ungebremsten technischen Medizin ohne klare Indikationsstellung ist. Oft wird sie auch von Angehörigen gefordert, weil sie ebenfalls Angst vor dem Sterben haben. Professorin Barbara Friesenecker macht deutlich, dass Übertherapie nicht dem Wohl der PatientInnen dient, sondern oft eine Form von Körperverletzung, die das Leiden nur verlängert, ist.

„Um ein friedliches Sterben in Würde zu ermöglichen - dh. angstfrei, stressfrei, ohne Schmerzen, ohne Atemnot und nicht alleine - müssten ALLE - ÄrztInnen, Pflegepersonen, Angehörige und PatientInnen - viel wissen, damit gute Entscheidungen getroffen werden können.“

Zur Person:

Barbara Friesenecker
Ao. Univ.-Professorin, Dr. med., stellvertretende
ärztliche Leiterin der Abteilung Allgemeine und
Chirurgische Intensivmedizin an der Medizinischen
Universität Innsbruck.

Musik:

CD* INTO THE MYSTIC
T* Beethoven #7, 2nd Movement/instr.
AT* 2.Satz aus der Symphonie Nr.7
S: David Helbock/Piano
K: Ludwig van Beethoven/1770-1827

CD* TOUR D’HORIZON - FROM BRUBECK TO ZAWINUL
T* In a sentimental mood/instr.
A: David Helbocks Random/Control
NI: David Helbock/Piano, Electronics, Percussion
NI: Andreas Broger/Saxophon, Klarinette, Holzbläser, Electronics, Percussion
NI: Johannes Bär/Tuba, Trompete, Blechbläser, Electronics, Percussion
K: Duke Ellington/1899-1974