Franz Ruppert: „Wie entsteht ein Trauma der Identität?"

Was bedeutet es, wenn meine Identität wächst und ich traumatische Lebenserfahrungen mache? Wie entwickelt sich meine Identität? Diesen Fragen geht Psychotraumatologe Franz Ruppert in „Focus“ nach.

Sendehinweis:

„Focus" – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg
Samstag, 9. Februar, 13.00 bis 14.00 Uhr

Psychotrauma ist eine Realität, die unsere Psyche nicht ertragen kann. Es ist zu viel, zu laut, zu viel Emotion, zu viel Angst, Schmerz, Scham, all das kann ich im jetzigen Zustand nicht ertragen. Die Folge ist, dass ich etwas abspalte, was ich nicht ertragen kann. Ich muss in meiner Psyche Sonderprogramme, „Überlebensstrategien“ entwickeln.

Menschen mit traumatischen Erfahrungen müssen sich jeden Tag anstrengen, die nicht erträgliche Realität aus dem Bewusstsein fernzuhalten. Das kann einen erschöpft machen, um das Trauma aus dem Bewusstsein fernzuhalten. Das Ergebnis ist der Verlust von Ganzheit.

Die Sendung zum Nachhören:

Jeder Mensch habe, so Prof. Ruppert, obwohl er traumatisiert ist, gesunde Anteile seiner Psyche. Damit hält er dann gewissermaßen auf den traumatisierten Anteilen den Deckel drauf. Manchmal sieht man nicht das Trauma, sondern die Trauma-Überlebensstrategien. Zum Beispiel: Jemand trinkt zu viel. Er oder sie kompensiert ein Trauma in sich. Es gebe auch zwei Verleugnungsstrategien: Das Verleugnen und das Erfinden einer neuen Welt.

Focus Franz Ruppert

privat

Prof. Ruppert berichtet, dass das Leben vieler seiner Klienten eine Trauma-Biografie hätten. Es beginne mit dem Trauma der Identität, daraus erwachse das Trauma der Liebe und daraus das Trauma der Sexualität. Dazu komme als vierte Stufe das Trauma der eigenen Täterschaft. Das sind die Opfer, die später zu Tätern werden: entweder an anderen Menschen oder an sich selbst.

Diesen Vortrag haben wir im Rahmen der Reihe „Wissen fürs Leben“ in der Arbeiterkammer in Feldkirch aufgezeichnet.

Zur Person:

Prof. Dr. Franz Ruppert (geb. 1957), von 1976 bis 1982 Studium Diplom Psychologie an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München. 1992 Professor für Psychologie an der Katholischen Stiftungshochschule München. Seit 1998 Psychologischer Psychotherapeut.

Seit 2000 ist die Psychotraumatologie der Hauptinhalt seiner Lehr- und Forschungstätigkeit."Sie geht Hand in Hand mit der Entwicklung einer innovativen Methode der Traumatherapie für das Gruppen- und Einzelsetting."

Literatur:

Franz Ruppert, Wer bin ich in einer traumatisierten Gesellschaft? Wie Täter-Opfer-Dynamiken unser Leben bestimmen und wie wir uns daraus befreien. Erschienen bei Klett Cotta.

Franz Ruppert, Symbiose und Autonomie: Symbiosetrauma und Liebe jenseits von Verstrickungen. Bei Kösel erschienen.

Mein Körper, mein Trauma, mein Ich: Anliegen aufstellen - aus der Traumabiografie aussteigen. Hrsg. Franz Ruppert, Harald Banzhaf. Kösel.

Musik:

CD* TALKIN’ VERVE : ROOTS OF ACID JAZZ - JIMMY SMITH
T* Ape woman/instr.
S: Jimmy Smith/Hammondorgel m.Begl.
O: Unbekannt
K: Lalo Schifrin/geb.1932

CD* AFRICAN SOUL - THE VERY BEST OF
T* From Congo/instr.
U* THE NINO FERRER YEARS (1967-1971)
S: Manu Dibango/Hammondorgel m.Begl.
K: Manu Dibango