Christian Felber: „Wege zur Spiritualität“

Christian Felber aus Wien spricht in der Sendung „Focus“ bei ORF Radio Vorarlberg über das Thema „Leben in Einheit - Wege zur Spiritualität“.

Die Sendung zum Nachhören:

„Ökologische Spiritualität“

„Ökologische Spiritualität“ ist nach Ansicht von Christian Felber ein unglückliches Begriffspaar, weil die Spiritualität kein Attribut benötige. Ökologisch beziehe sich auf den Zugang zur Spiritualität. Es gebe unterschiedlichste Zugänge und der Zugang, den er zur spirituellen Sprache gefunden habe, sei nicht nur die äußere, sondern auch die innere Natur, die den Zugang in unserer Gesellschaft systematisch verschütte - durch die Erziehung und Bildung, durch das Denken, durch das Patriarchat, durch den Kapitalismus - und deshalb sei es eine Maßnahme, den Begriff Spiritualität durch das Attribut ökologisch zu „ergänzen“ und auf diesem Weg durch Umwelt und Natur den Zugang zur Spiritualität zu suchen.

Christian Felber Focus

Bubu Dujmic

Christian Felber

Tiefen-Ökologie

Tiefenökologie ist laut Felber ein Weg, der den Menschen in Goldegg vielen bekannt ist. Sie sei das Modell, auf das Ganze, auf die ganze Welt unendlich tief hinzuschauen und hineinzuspüren, was da sei. Tiefenökologie meine, dass alles im Leben eins werde - dass das wissenschaftliche und intellektuelle Erkenntnisstreben, die Werthaltung, die man im Leben verfolge, der persönliche Lebensstil, die politische Weltanschauung, der Beruf und das politische Engagement eine Einheit werden. Dass man nicht in Widersprüchen leben müsse, sondern, dass man hier ganz integral holistisch leben könne. Er sei für diesen Vortrag an verschiedene Quellen gegangen: zum Beispiel zum Buddhismus, die indigenen Kulturen in Lateinamerika, die Aufklärung, die christliche Mystik und Soziallehre, der Öko-Feminismus. Seine Erfahrung war: „Menschen gehen an verschiedenen Orten zu verschiedenen Quellen.“

Fußabdruck in Elefantengröße

Der ökologische Fußabdruck der Industriegesellschaft nimmt Elefantengröße an. Doch Material allein mache nicht glücklich. Angstzustände, Allergien, Depressionen und Vereinsamung wachsen laut Felber parallel zum Bruttoinlandsprodukt - mitunter sogar Arbeitslosigkeit und Armut. Gerade dann gelte es umso mehr zu wachsen, noch schneller als bisher. Damit die Arbeitslosigkeit zurückgehe, Umweltschutz leistbar wird und der Euro gegenüber dem Dollar nicht ins Bodenlose falle.

Gott wohnt in jedem und jeder von uns

Umweltschutz beginne im Herzen, so Felber. Vorausgesetzt, Gott sitze drinnen. Das hätten wir sehr lange gehört, aber kaum verstanden. Denn Gott wohnte der Landmeinung zufolge im Himmel. Diese Auslagerung habe uns nicht nur unserer Göttlichkeit beraubt, sondern auch ein physisch-hierarchisches Autoritätsverständnis zementiert: „Er“, der Allmächtige, dort „oben“. Wenn wir nun Gott nicht länger als kreative Person im Dachatelier begreifen würden, sondern als allen Erscheinungen immanentes Schöpfungsprinzip, dann bedeutete dies, dass Gott in jedem und jeder von uns wohne, in allen Wesen und Dingen - Gott sei dann überall. Das gehe als Prinzip oder Geist leichter denn als Person, weil da müsste er sich vielteilen. Diese Sicht ändert einiges: Zum Beispiel findet dadircj die Gottsuche nicht außen, sondern innen statt.

Gott „von Angesicht zu Angesicht“ schauen

Gott „von Angesicht zu Angesicht“ schauen bedeute dann, sich selbst zu erkennen, wie es die moderne Psychologie als verlässlichsten Weg zu Glück und Zufriedenheit empfiehlt. Carl Gustav Jung etwa meinte: „Der Sinn des Lebens ist, so zu werden, wie wir sind.“ Auch Ödön von Horváth Bonmot: „Eigentlich bin ich ganz wer anderer, nur komme ich nie dazu“, spielt auf eine unterlassene Gottsuche in diesem Sinn an.

Gott zu finden bedeutet demnach, sein natürliches Potential als Mensch zu erkennen und zu entfalten und es nicht, wie das so oft der Fall ist, durch unnötige Schranken zu behindern: Durch Verdrängungen in der emotionalen Entwicklung; durch Vernachlässigung in der leiblichen Entwicklung; durch ein Übergewicht des Intellekts in der geistigen Entwicklung.

Vortrag aus Goldegger Dialogen

Christian Felber hat diesen Vortrag bei den 32. Goldegger Dialogen 2013 gehalten. Den Mitschnitt hat uns freundlicherweise Bernard Reichenpfader zur Verfügung gestellt.

Stille Verbindung zu Mitwesen

Zu letzterer gehört eine stille, aber wache Verbindung zu allen Mitwesen, ein gewisses „Online-Gehen“ in der einzig wirklich immateriellen Kommunikation. Um diese Kommunikation soll es hier gehen. Gehen wir „online“, nehmen wir intuitiv Kontakt mit dem Vogel, dem Fels oder der Eiche auf, es finde so etwas wie eine gegenseitige Bestärkung statt, man könne es auch Liebe nennen, die aus der gegenseitigen Wahrnehmung, gegenseitigen Achtung und dem wechselseitigen Sich-Erfreuen am jeweils anderen erwachse.

Zur Person

Christian Felber, geb. 1972, aufgewachsen in Mattsee, ist Tänzer und freier Publizist, Kontaktimprovisation nennt sich der Tanzstil, den C. Felber seit Jahren pflegt. Das ist ein Tanz, der ganz ohne Choreographie auskommt, dessen Wesen es ist, nur die Dramaturgie allein durch Achtsamkeit sich selbst und anderen gegenüber zu entwickeln.

Christian Felber plädiert dafür, Werte in die Wirtschaft einzuführen, wie sie im Tanz spielerisch dargestellt sind. Vertrauen, aufeinander hören, gegenseitige Toleranz, also das Gegenteil von Narzissmus, Egoismus und moralischem Alzheimer. C.Felber hat Attac Österreich mit aufgebaut, er hat die demokratische Bank und die Gemeinwohlökonomie gegründet. Er ist Lektor an der Wirtschaftsuniversität in Wien. Er ist ein vielgefragter Referent, Kommentator und Interviewpartner.