Emotionale Debatte um Mindestsicherung

Emotional diskutiert wurde am Donnerstag in der Aktuellen Stunde im Vorarlberger Landtag das von der Bundesregierung präsentierte neue Modell der Mindestsicherung. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) zeigte sich dem Modell gegenüber offen.

Vor wenigen Wochen wurde ein bundeseinheitliches Modell der Mindestsicherung von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) vorgestellt. Kürzungen für Mehrkindfamilien und für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen sind Kernstücke der neuen Regelung - mehr dazu in Koalition präsentiert neue Mindestsicherung.

Debatte um Mindestsicherung

Emotional diskutiert wurde in der der Aktuellen Stunde im Vorarlberger Landtag das von der Regierung präsentierte Modell der Mindestsicherung.

Unter dem Titel „Endlich gerechte Mindestsicherung für Vorarlberg - Vorgaben der türkis-blauen Bundesregierung umsetzen“ gaben die Freiheitlichen nun das Thema für die Aktuelle Stunde turnusmäßig vor. Sie wollten insbesondere von Landeshauptmann Wallner hören, wie die schwarz-grüne Landesregierung zur vorgelegten Neuregelung der Bundesregierung steht.

Wallner legte sich nicht eindeutig fest

Wallner zeigte sich generell offen gegenüber dem Mindestsicherungspaket, bekannte sich aber nicht deutlich dafür oder dagegen. Die jetzt vorliegenden Ansätze des Bundes seien nicht unvernünftig. Jedes Modell müsse aber einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten, so Wallner. Außerdem müsse man jetzt einmal abwarten, was denn tatsächlich im kommenden Jahr beschlossen werde, führte er aus.

Analyse: Wie steht Wallner zum Mindestsicherungspaket? ORF-Redakteur David Breznik im Gespräch mit ORF-Redakteurin Christiane Schwald

Der Landeshauptmann betonte außerdem, dass die Mindestsicherung eine Existenzsicherung in der Not bedeuten müsse - das sei sie auch weiterhin. Zudem müsse es aber auch einen erkennbaren Unterschied zwischen der Mindestsicherung und einem Arbeitseinkommen geben. So gesehen sei die Anpassung der Kindersätze im türkis-blauen Modell richtig, im bisher gehandhabten System habe es einen „Strickfehler“ gegeben.

Die Koppelung der Mindestsicherung an die Sprachkenntnisse gebe es in Vorarlberg schon jetzt, allerdings werde in Vorarlberg erst gekürzt, wenn nach einer gewissen Zeit diese Kenntnisse nicht nachgewiesen werden können. Der Zugang der Bundesregierung sei hier ein anderer.

FPÖ begrüßt neues Modell

FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi lobte das neue Mindestsicherungsmodell. Es werde die Zuwanderung ins Sozialsystem stoppen, die aufgrund des Vorarlberger Modells der schwarz-grünen Landesregierung stattgefunden habe. Bitschi verwies in dem Zusammenhang darauf, dass die Kosten für die Mindestsicherung österreichweit von 571 Mio. Euro (2012) auf 977 Mio. Euro (2017) angestiegen seien. Auch in Vorarlberg sei 2017 mit 35,8 Mio. Euro ein Höchststand erzielt worden. Dabei liege der Anteil der Mindestsicherungsbezieher mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft bei bereits über 60 Prozent.

Aus Bitschis Sicht ist es nicht gerecht, dass Menschen, die noch keinen Beitrag in Österreich geleistet haben, von Anfang an die volle Leistung bekommen: „Es reicht, wenn eine Unterschrift unter die Integrationsvereinbarung gesetzt wird, und schon fließt das Geld.“ Damit sei zukünftig Schluss.

Wiesflecker (Grüne): Kurze Verweildauer

Die zuständige Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) hielt dem entgegen, dass die Vorarlberger Mindestsicherung funktioniere: Bis August 2018 seien innerhalb eines Jahres 540 Bedarfsgemeinschaften (rund 1.200 Personen) wieder aus der Mindestsicherung herausgekommen, das sei österreichweit ein Spitzenwert. Die Verweildauer von 6,4 Monaten in der Mindestsicherung sei im Österreich-Vergleich überhaupt die kürzeste und habe sich durch die Konventionsflüchtlinge nicht geändert.

Gross (Grüne): " Programm der Ressentiments"

Grünen-Klubobmann Adi Gross wetterte, dass die „Mindestsicherung Neu“ nichts anderes sei als ein „Programm der Ressentiments“. Die FPÖ freue sich offenbar, wenn es Menschen, die an der Armutsgrenze leben, noch schlechter gehe und nenne das dann gerecht. Die Freiheitlichen würden gewissen Gruppen, die ihnen nicht ins Weltbild passen, bewusst ausgrenzen wollen. Das neue Mindestsicherungsmodell werde aber alle treffen, so Gross.

Empörung bei der SPÖ

SPÖ-Abgeordnete Manuela Auer stellte fest, dass die Ausgaben für die Mindestsicherung 0,19 Promille des Vorarlberger Budgets (von insgesamt 1,9 Mrd. für 2019) ausmachten. Außerdem empörte sie sich: „Schwarz-Blau bekämpft nicht die Armut, Schwarz-Blau bekämpft die Armen.“ Die Reichen hingegen würden etwa steuerlich bevorzugt - „noch und nöcher - jeden Tag und immer wieder“.

Kucera: Sozialsystem wird nicht kälter

ÖVP-Sozialsprecher Matthias Kucera verteidigte das Modell der Bundesregierung indessen und empfahl, die Mindestsicherung international zu vergleichen. Dann sehe man, dass die Zahlungen, die Österreich leisten werde, deutlich höher als jene in Deutschland oder Schweden seien. Das österreichischen Sozialsystem werde also auch nach der Grundsatzreform nicht kälter, folgerte Kucera. Noch dazu würden die in Vorarlberg bekanntlich hohen Wohnkosten auch künftig berücksichtigt.

Matt (NEOS): „Vorarlberger Weg nicht verlassen“

NEOS-Abgeordneter Daniel Matt hingegen zeigte sich nicht überzeugt vom Mindestsicherungspaket. Vieles sei „nicht zu Ende gedacht“. Matt appellierte an die Landesregierung, den „Vorarlberger Weg nicht zu verlassen“. Kritisch wertete er, dass die FPÖ offenbar mit allen Mitteln verhindern wolle, dass Asylberechtige den Sprung in den Arbeitsmarkt schaffen und auf eigenen Beinen stehen.

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