Kälber: Veterinär rät zu gesextem Sperma

Um die Produktion der für die Landwirtschaft fast wertlosen männlichen Kälber zu drosseln, rät der Veterinär und Sachverständige Alexander Rabitsch zur Verwendung von sogenanntem gesextem Sperma. Die Landwirtschaftskammer hät das nicht für sinnvoll.

Der Veterinär und Sachverständige Alexander Rabitsch hält das derzeitige System der Milchproduktion und der Tiertransporte für überdenkenswert. Hauptprobleme sind für Rabitsch die hochgezüchteten Milchkühe, wo männliche Kälber hinsichtlich der Fleischverwertung von vorneherein praktisch wertlos sind. Es handle sich um Kälber von Milchleistungsrassen, wobei nur das weibliche Kalb zur Nachzucht verwendet werden kann.

Die männlichen - und damit etwa die Hälfte der geborenen Kälber - werde im Überschuss produziert. Diese wachsen laut Rabitsch nicht so gut wie Mastleistungsrinder und haben de facto keinen oder fast keinen Wert mehr, weil sie kaum Fleisch abgeben. „Es gibt Talschaften, wo die gar nicht behandelt werden, wenn sie erkranken, weil das Tier keinen Wert mehr hat“, sagt Rabitsch.

Der Veterinär Alexander Rabitsch war von 1998 bis 2013 Tiertransport-Inspektor des Landes Kärnten. Zudem behandelt er als Sachverständiger für Veterinärmedizin beim Oberlandesgericht Graz oftmals Fragen des Tierschutzes. Rabitsch ist zudem fachlicher Mitarbeiter bei der NGO Animal´s Angels und hat Publikationen zum Thema Tiertransporte veröffentlicht.

Weite Transporte als „europäisches Problem“

Diese praktisch wertlosen Kälber werden jedes Jahr zu Tausenden von Vorarlberg meist zunächst nach Südtirol und von dort in andere Regionen Italiens oder nach Spanien gebracht. Dort werden die Tiere dann in darauf spezialisierten Großbetrieben mit tausenden Kälbern einige Monate lang unter deutlich niedrigeren Haltungsstandards als in Österreich gemästet. In Österreich gilt eine Mast dieser Tiere aufgrund der hier geltenden Haltungsstandards als nicht wirtschaftlich.

Das Leid für die Jungkälber scheint vorprogrammiert, sagt der Veterinär Rabitsch: „Das ist ein grundsätzliches europäisches Problem, dass nicht entwöhnte Jungtiere von einem Staat in den nächsten transportiert werden. Und vielfach geht es über weite Strecken - zum Beispiel aus den Baltischen Staaten nach Spanien.“ Es gebe eine europäische Richtlinie, die Mindestanforderungen beschreibe - die werde aber oft nicht eingehalten, so dass die Tiere im Alter von acht Wochen in Einzelboxen und auf Vollspaltenböden gehalten und nicht wie vorgeschrieben gefüttert würden, wie Rabitsch beschreibt.

Moosbrugger: Mehr Kälber am Markt unterbringen

Der Präsident der Vorarlberger Landwirtschaftskammer, Josef Moosbrugger, sieht für Vorarlberg auch für die Zukunft die Strategie, für mehr Absatz für die männlichen Kälber im Land zu sorgen. Allerdings habe sich die Situation bereits verbessert: „Wenn man die Schlachtzahlen der vergangenen Jahre anschaut, dann haben wir jährlich 500 Kälber zusätzlich am Vorarlberger Markt unterbringen können.“

Gesextes Sperma in Vorarlberg fast nicht verwendet

Eine Möglichkeit zur Verbesserung des Systems ist laut Rabitsch, zu verhindern, dass überhaupt so viele männliche Kälber zur Welt kommen - am besten durch sogenanntes gesextes Sperma: „Heute sieht die Kuh ja keinen Stier mehr, die werden alle besamt.“ Da könne man gesextes Sperma verwenden, so dass nur weibliche Tiere geboren werden.

Beim gesexten Sperma wird nach dem X- und dem Y-Chromosom getrennt. Es wird hauptsächlich in der Tierzucht verwendet, um das jeweils unerwünschte Geschlecht in der Nachkommenschaft ausschließen zu können. Derzeit wird gesextes Sperma in Vorarlberg jedoch praktisch nicht verwendet -„weil es teuer ist“, wie Rabitsch sagt. Den Konsumenten rät Rabitsch: „Weniger Fleisch essen - und wenn, dann Biofleisch aus der Region.“

Moosbrugger gegen gesextes Sperma in Kälberzucht

Landwirtschaftskammer-Präsident Moosbrugger winkt in Sachen gesextes Sperma ab, weil es sonst zu viele weibliche Kühe gäbe: „Dann hätten wir ein völliges Überangebot, das der Markt nicht vertragen würde, das wäre aus meiner Sicht der falsche Ansatz.“

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Im „Vorarlberg heute“-Beitrag kommen zu Wort: Alexander Rabitsch (Sachverständiger für Veterinärmedizin) und Josef Moosbrugger (Präsident Landwirtschaftskammer).

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