Windstrom aus Wildpoldsried

Wildpoldsried im Oberallgäu gilt als Vorbild in der Windkrafterzeugung. Seit dem Jahr 2000 wurden insgesamt elf Windkraftanlagen errichtet. Die Vorarlberger Gemeinden Eichenberg und Möggers stehen mit ihrem Windkraftprojekt am Anfang. Die Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie Vorarlberg orientiert sich an den deutschen Erfahrungen.

Seit einem Jahr planen die Gemeinden am Pfänderstock eine Windkraftanlage. Wie es aussieht, wäre sie vermutlich wirtschaftlich zu führen, meint Energieexperte Adi Gross, nunmehr Landtagskandidat der Grünen. Die Windkraft-Pläne am Hochberg sind allerdings heiß umstritten. Kernpunkt der Kritik ist der absehbare Eingriff ins Landschaftsbild. Ohne Akzeptanz und Zustimmung der Bevölkerung wird es am Hochberg kein Windkraftwerk geben. In diesem Punkt sind sich Skeptiker und Projektbetreiber einig.

Blick nach Wildpoldsried

Mit Akzeptanzproblemen hat der Bürgermeister im Oberallgäuer Wildpoldsried (bei Kempten) nicht zu kämpfen. Demnächst will sein Gemeindeverbund wieder 45 Mio. Euro in zehn neue Windkraftanlagen investieren. „Und da gibt es keine einzige Bürgerbeschwerde“, erzählt Bürgermeister Arno Zengerele (CSU) mit geschwellter Brust. Wildpoldsried hat sich als „Windstützpunkt“ einen Namen gemacht. Für 2.500 Einwohner erzeugt man den dreifachen Strombedarf über erneuerbare Energie, also mit Biogas und Windkraft. Sieben Windkraftwerke betreibt Wildpoldsried selbst, vier die Nachbargemeinden.

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Beitrag von Magda Rädler, Vh, 20.5.2014. Sie sehen Bio-Landwirt Josef Freudling, Arno Zengerle, Bürgermeister von Wildpoldsried, Pensionist Hans-Gerd Burg, Anrainer Thomas Albrecht und Johann Punzenberger von der ARGE Erneuerbare Energie.

Strom um 1,5 Mio. Euro verkauft

Bürgermeister Zengerle rechnet vor, allein seine Gemeinde verkaufe jährlich Strom um 1,5 Mio. Euro. Der Einspeisetarif sei mit acht Cent in Ordnung. In rund 13 Jahren habe sich eine Windkraftanlage amortisiert. Dann werde es interessant für alle Anteilseigner. Das sind 300 Bürger, in verschiedenen Gesellschaften. Sie halten Anteile zwischen mindestens 5.000 Euro und 100.000 Euro.

Bürgergesellschaften brauchen langen Atem

Landwirt Freudlinger (66 Jahre) erzählt die Investition in die Windkraft sei seine Altersvorsorge. Als Bio-Bauer sei er ohnehin für Nachhaltigkeit in der Energieerzeugung. Hans-Gerd Burg ist Pensionist. Grundsätzlich sei er mit seiner Investition zufrieden, sagt er. Allerdings habe es elf Jahre gedauert. Zwei Jahre lang fielen die Ausschüttungen aus. Dann habe der Blitz ins Windkraftwerk eingeschlagen und wieder gab es nichts.

Bürgermeister Arno Zengerle räumt ein, ja, es gebe schlechte Windjahre mit weniger Ertrag. „Der letzte Winter hat mich den Preis von drei Motorrädern gekostet“, schildert er das Auf und Ab im Windreich. „Ich bin mir aber sicher, dass der Ausfall im kommenden Jahr wieder wettgemacht ist,“ und Zengerle nennt drei Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit einer Anlage: Standort, Technik und Finanzierung müssten passen.

Landschaft mit „Windkraft-Kette“

Die Windräder von Wildpoldsried liegen auf einem Bergrücken in 900 Metern Höhe. Wie eine Perlenkette tauchen sie in der Landschaft auf. Dennoch betont Zengerle, die Region wolle keine „Verspargelung“. Lärmbelästigung und Schattenwurf sind aus Sicht der Anrainer unerheblich. Die nächste Siedlung liegt in 600 Metern Entfernung. Bei kalter Witterung, wenn der Schall besser übertragen werde, sei ein Geräuschpegel wahrnehmbar. "Kein Grund, Windräder nicht zu bauen, da kommt es auf die Technik an, erläutert Zengerle. Wildpoldsried ließ „Langsam-Windräder“ errichten. Die höchsten ragen 200 Meter in den Himmel, gemessen bis zur Rotornabe.

Wildpoldsried kämpft mit „politischem“ Gegenwind

Seit neun Monaten bläst auch dem Windkraftdorf kräftiger Gegenwind entgegen. Bürgermeister Zengerle ortet eine völlige Umkehr in der bayrischen bzw. deutschen Energiepolitik. Neue Gesetze sind angekündigt. Der Mindesabstand zur nächsten Siedlung soll auf zwei Kilometer vergrößert werden. „Das ist das Aus für jede Windkraftanlage in Bayern“, schimpft der Bürgermeister.

Und dann meldete sich auch noch die zivile Luftfahrt zu Wort. Bewilligungen für neue Windanlagen werden derzeit versagt, denn eine Haupt-Luftverkehrsstraße führt über das Allgäu. In Kempten liegt ein wesentlicher Referenzpunkte für den Funkverkehr - ein sogenanntes „Funkfeuer“. Windräder könnten - wegen Luftverwirbelungen - den Funkverkehr massiv beeinträchtigen wird von amtswegen befürchtet. Wildpoldsried geht gegen die Bescheide gerichtlich vor.

Inzwischen liegt die 45 Mio. Euro Investion für zehn neue Windkraftanlagen auf Halde. Bürgermeister Zengerle versteht die Welt nicht mehr. Es wäre doch sinnvoll gewesen, die Stadt Kempten mit 65.000 Einwohnern komplett mit Windstrom zu versorgen.

Aktueller Stand: Hochberg/Vorarlberg

Die Projektgesellschaft legte zuletzt Messungen vor, wonach die Windkraft am Hochberg für den wirtschaftlichen Betrieb einer Anlage ausreiche. Geplant ist vorerst ein Windrad, das über eine Bürgergenossenschaft finanziert werden soll und Strom für Möggers und Eichenberg liefert.

Widerstand meldeten Tourismus, Alpenverein und Vogelschutz an. Die Raumplanung äußerte sich zuletzt skeptisch wegen der zu erwartenden Landschaftseingriffe. Die Projekt- Betreiber führen ökologische Argumente ins Treffen. Zuletzt wurde in Bürgerdiskussion über den aktuellen Stand informiert.

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