Wanderknigge: Das richtige Berg-Verhalten
Wie man den Gipfel richtig feiert
Man stapft stundenlang aufwärts, schwankt zwischen Bewunderung für die schöne Natur und innerlichem Fluchen, dass man schon wieder Blasen von diesen blöden Wanderschuhen bekommt - und dann ist er endlich da: der Gipfel! Das gehört gefeiert. Und das kann jeder so machen, wie er will, sagt Andreas Schmidt, Obmann vom Alpenverein Vorarlberg - solange er Rücksicht nimmt auf die anderen Anwesenden, auf Flora und Fauna.
In den Bergen ist es auch üblich, mit jedem per du zu sein. Man ist quasi auf Augenhöhe. Bei aller Lockerheit aber sollte man sich schon bewusst sein: Wenn man auf dem Gipfel oben ist, ist man noch lange nicht wieder herunten. Deswegen gilt: Beim Gipfelschnäpsle nicht zu kräftig zulangen! Die meisten Bergunfälle passieren statistisch beim Abstieg durch Ausrutschen oder Stolpern, man ist dann auch schon müder, sagt Schmidt. Deswegen sei beim Alkohol Vorsicht geboten.
Richtiges Verhalten im Matratzenlager
Zu längeren Touren gehört auch die Übernachtung auf einer Hütte dazu. Da verbringt man die Nacht mit fremden Leuten in einem Raum. Das kann zum Beispiel dann schwierig sein, wenn jemand stark schnarcht. Alpenvereinsobmann Schmidt weiß Rat: „Professionelle Schnarcher“ sollen sich einfach beim Hüttenwirt melden, sie erhalten möglicherweise ein separates Zimmer. Das ist nicht nur eine Belohnung für den Schnarcher, sondern auch für die anderen. Gibt es kein Extrazimmer, tun auch Ohrenstöpsel hervorragende Dienste.
Aufpassen heißt es bei den zur Verfügung gestellten Wolldecken. Der Teil, wo Fußende draufsteht, gehört - genau - zu den Füßen!
Und vorausgesetzt, Sie möchten sich bei den Mit-Schläfern nicht total unbeliebt machen: Packen Sie Ihren Rucksack schon am Vorabend, damit Sie in der Früh die anderen nicht mit dem Herumräumen wecken oder sogar noch versehentlich irgendwas mitgehen lassen, was gar nicht Ihnen gehört.
Der richtige Umgang mit dem Hüttenwirt
Ein alte Bergregel lautet: In den Bergen sind alle per du, weil alle gleich sind. So ganz stimmt das aber nicht: Einen Chef gibts doch, sagt Andreas Schmidt. Er bestimmt, wann Nachtruhe ist, und wird sie sicher für eine gesellige Runde auch mal nach hinten verschieben. Hier gilt es aber auch, Rücksicht zu nehmen, immerhin muss der Wirt am nächsten Morgen sehr früh raus und für alle das Frühstück richten.
Und den Wanderern muss klar sein: Die Existenz vom Hüttenwirt hängt von uns Wanderern ab. Die Transportkosten auf die Berge sind hoch, deswegen sollte man sich auch nicht groß aufregen, wenn die Preise mal etwas höher sind als im Tal. Immerhin sind wir ja froh, dass es die bewirteten Hütten in den Bergen gibt - ohne das Einkehren wäre Wandern für viele nur halb so lustig.
Der Hüttenabend
Und wenn man auf der Hütte übernachtet, darf für viele auch der Hüttenabend nicht fehlen. Da werden alte Volkslieder gesungen, die Ziehharmonika wird ausgepackt, Bier und Schnaps fließen oft in Strömen: So stellt sich der eine oder andere einen richtigen Hüttenabend in den Bergen vor. Die Realität schaut dann doch ein bisschen anders aus, sagt Andreas Schmidt. Ein Hüttenabend sei keine Folkloreveranstaltung, und die meisten Hüttengäste würden eher früh ins Bett wollen - weil man auf der Hütte doch meist nicht so gut schlafe wie zuhause und am nächsten Morgen früh weiter wolle.
Es kann aber natürlich schon mal sein, dass man Feste auch feiert, wenn sie fallen, und es habe niemand was dagegen, wenn jemand ein Instrument spiele oder gesungen werde. Begrenzt sei das Ganze eben durch die Hüttenruhe - und da hat der Hüttenwirt das letzte Wort. Wilde ausschweifende Parties gibt es auf den Berghütten entgegen den Klischees demnach eher selten.
Sendehinweis:
„Bodenseemagazin“, 14.9.16
Richtig einheizen im Winterraum
Und dann gibt es noch den Winterraum. Jetzt im Herbst kann ja jeder wandern, im Optimalfall ist es weder zu heiß noch zu kalt. Aber dann gibts noch die ein bisschen extremeren Exemplare - die Winter-Wanderer und Tourengeher. Für sie gibt es den Winterraum, erklärt Andreas Schmidt. Das ist ein Raum in der Hütte, der im Winter immer offen ist, den die Wanderer selber heizen und wo sie sich auch selbst verpflegen.
Und damits da auch halbwegs gemütlich wird, ist es ratsam, sich vorab darüber zu informieren, wie ein Holzofen beheizt wird. Was das verbrauchte Holz kostet, ist in der Hütte angeschlagen.
Das mit dem Holzofen Einheizen klingt vielleicht banal, aber laut Andreas Schmidt kommt es gar nicht so selten vor, dass sich statt der erhofften Wärme nur Rauch in der ganzen Hütte ausbreitet.
Übrigens: Damit man aber überhaupt erst reinkommt in den Winterraum und die Heizkenntnisse anwenden kann, ist es sinnvoll, sich vorab im Internet zu informieren, ob der Winterraum geöffnet ist, ob man einen Schlüssel braucht oder ähnliches. Schließlich wäre es im Winter doch sehr blöd, wenn man dann unter freiem Himmel übernachten müsste.