„Lust am Lernen und Freude am Können!"

Bildungspsychologin Univ. Prof. DDr. Christiane Spiel spricht in der Sendung „Focus - Themen fürs Leben“ bei ORF Radio Vorarlberg über das Thema „Lust am Lernen und Freude am Können!“.

Sendehinweis:

„Focus“, 13.12.2014

Wie lernen Schüler am besten, wird Prof. Spiel gefragt? Das Anliegen der Bildungspsychologin ist, dass die Betroffenen selbst zu Wort kommen, wenn es darum geht, den Unterricht zu verbessern. Generell sollten Schüler mehr eingebunden werden. Das gilt nicht nur für das, was in der Schule passiert, sondern auch für wissenschaftliche Erhebungen.

Die Sendung zum Nachhören

Lust auf Lernen machen

Indem man den Unterricht mehr an die Interessen der Schüler anknüpft. So kann der Lehrer etwa zu Beginn des Schuljahres fragen: Welche Themen interessieren euch? Hier kommen häufig Sachen, die mit dem Alltag der Schüler zu tun haben. Während des Schuljahres nimmt man dann keine oder weniger Beispiele aus dem Mathematikbuch, sondern aus den Interessensgebieten der Schüler. Der Vorteil: Die Kinder sehen gleich, wie sie das Wissen in der Praxis anwenden können. Oder der Lehrer verstärkt den Projektunterricht bzw. gibt Aufgaben, die offene Lösungen haben. Das könnte etwa sein: „Gestaltet eine Zeitung über die französische Revolution.“

Christiane Spiel

Uni Wien

Christiane Spiel

Teamarbeit ist wichtig

Es genügt nicht, den Kindern zu sagen: „Jetzt macht diese Aufgabe gemeinsam.“ Vielmehr gilt es ihnen zu vermitteln, wie man im Team erfolgreich arbeitet: Regeln, an die man sich halten muss; die Aufgaben so zu verteilen, dass jeder ein Erfolgserlebnis hat; einen Koordinator finden etc.

Prof. Spiel meint: „Lehrpersonen geben viel kontrollierendes Feedback. Wenn ein Kind nicht so gut ist, bekommt es daher oft zu hören, was es nicht kann. Daraus kann es aber nichts lernen. Hier sind Hilfestellungen wichtig. Fehler sind Lerngelegenheiten und sollten auch so genutzt werden.“

Die Schule als Wohlfühlort

Die Schule der Zukunft ist dagegen ein Ort, an dem die Schülerinnen und Schüler sich wohl fühlen, und der gleichzeitig ihr Lernen unterstützt. Es gibt keinen fixen Stundenplan mehr, sondern man arbeitet an Themen und Fragestellungen, einen Tag, eine Woche, oder auch länger. Die Themen werden nicht nur von einem Fach bearbeitet, sondern aus allen Perspektiven, die dafür wichtig sind. Die Schule der Zukunft bezieht gezielt andere Lernorte sowie die mit ihnen verbundenen positiven Aspekte in den Unterricht ein. Sie hat eine Fehlerkultur etabliert, die Fehler zu Lernchancen macht. Sie sieht die Förderung von Bildungsmotivation und des Interesses an Neuem als zentrale Ziele.

Sie vermittelt daher auch die Kompetenzen, die notwendig sind, Bildungs- und Lernmotivation erfolgreich über die ganze Lebensspanne zu realisieren. Der Schule der Zukunft gelingt es die Chancen, die sich durch die Vielfalt der Lernenden ergeben, zu nutzen und jeden Schüler/ jede Schülerin gemäß seiner/ ihrer Möglichkeiten angemessen zu fördern. Sie sieht jegliche Kompetenzen als Ressource und Potential an und nicht nur wenige ausgewählte. In einer solchen Schule der Zukunft gibt es auch das Wort „Streber" nicht mehr. Alle arbeiten und lernen gerne und freuen sich über eigene Erfolge aber auch über Erfolge von Mitschülerinnen und Mitschüler. Es ist „cool" sich anzustrengen und etwas zu schaffen.

Laufende Bildung für Pädagogen

Zweifellos benötigt die Schule der Zukunft auch Rahmenbedingungen, die all dies unterstützen und ermöglichen. Dazu gehören insbesondere eine hohe Autonomie der Einzelschule mit entsprechend qualifizierten Schulleitungen, die flächendeckende Etablierung von Ganztagesschulen mit verschränktem Unterricht, eine Organisation von Bildungsgängen, die zu frühe und zu viele Schnittstellenentscheidungen und Unterbrechungen vermeidet bei gleichzeitiger Ermöglichung von Durchlässigkeit, sowie eine entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagoginnen und Pädagogen. Die Schule der Zukunft ist in eine Gesamtkonzeption der staatlichen Bildungs- und Kulturvermittlung integriert, welche auch die vorschulische Bildung umfasst, mit systematischer Qualitätssicherung auf allen Ebenen.

Diesen Vortrag hat Univ. Prof. DDr. Christiane Spiel auf dem Symposium „Kindheit, Jugend, Gesellschaft VII“, veranstaltet von Welt der Kinder, am 16. Mai 2014 in Bregenz gehalten.

Zur Person:

Univ.Prof. DDr. Christiane Spiel
studierte Mathematik, Geschichte und Psychologie. Seit 2000 leitet sie als Gründungsprofessorin den neu eingerichteten Arbeitsbereich Bildungspsychologie und Evaluation an der Universität Wien. Von 2004 bis 2006 hat sie als Gründungsdekanin die Fakultät für Psychologie an der Universität Wien aufgebaut. Seit 2010 ist sie Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie.

Literatur:

„Österreich 2050“: Zwei Dutzend österreichischer Wissenschaftler haben sich Gedanken gemacht, wie Österreich im Jahr 2050 aussehen könnte. Die Publikation „Österreich 2050" beleuchtet unsere Zukunft aus unterschiedlichen Blickwinkeln, von Bildung über Forschung bis Innovation.
Das Buch „Österreich 2050“ ist im Holzhausen-Verlag erschienen.

Musik:

BRIDGE OVER TROUBLED WATER (INSTR.)

EVERYBODY’S GOT TO LEARN SOMETIME ~
ZUCCHERO

SUNCHYME (INSTR.)
DARIO G