Ratz gegen Amerikanisierung von Prozessen

Der Präsident Obersten Gerichtshofes, Eckart Ratz, sieht die Pläne der Bundesregierung in punkto Strafprozessrecht kritisch - diese sehen etwa Video-Liveübertragungen vor. Einem solchen Angloamerikanismus kann Ratz nichts abgewinnen.

Der aus Bregenz stammende Präsident des OGH geht in zwei Wochen in Pension. Im Samstaginterview von ORF Radio Vorarlberg sprach er über die Entwicklungen des Rechtstaates. So gebe es etwa die Tendenz, dass Regierungen immer weniger Einfluss nehmen, so Ratz im Gespräch mit Andreas Feiertag. Richter hätten somit viel mehr Macht als etwa vor 40 Jahren.

Richter Eckart Ratz

APA/G. Hochmuth

OGH-Präsident Eckart Ratz geht in zwei Wochen in den Ruhestand

Wenn in Wertungsfragen keine Lösung gefunden werde, müssten Richter dies über Prozesse tun. Auf Europaebene seien demokratische Institutionen oft nicht in der Lage eine Lösung zu finden - also entscheide der Europäische Gerichtshof. Ratz sieht diese Entwicklung als bedenklich an.

Entscheidend sei, dass die Volksvertretung ihre Aufgabe auch wahrnehme - und eben daran hapere es, so der scheidende OGH-Präsident im Samstaginterview von ORF Radio Vorarlberg.

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Audio: OGH-Präsident Eckart Ratz im Interview mit Andreas Feiertag (ORF Radio Vorarlberg)

Ratz gegen Amerikanisierung bei Prozessen

Außerdem sprach sich Ratz gegen die Pläne der Bundesregierung aus, die Strafprozesse zu ändern. Die Überlegungen reichen von einer Neustrukturierung der Plädoyers bis hin zu Video-Liveübetragungen der Prozesse.

Eine solche Angloamerikanisierung lehnt Ratz ab. Sie bringe keine neue Qualität in die Strafprozesse, sondern diene nur einer actionreichen Show. Der österreichische Prozess funktioniere in seiner jetzigen Form viel besser als etwa der anglo-amerikanische Prozess, gibt er zu bedenken.

Bezirksgerichte: Vetorecht für Länder soll fallen

Ein weiteres Thema im Samstaginterview war die Auflösung von kleinen Bezirksgerichten. Diese gestaltete sich bislang für den Bund wegen des Vetorechts der Länder mitunter schwer. So hat Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) etliche Jahre lang die Schließung des Bezirksgerichts Montafon verhindert, bevor er dann doch zugestimmt hat. Dieses Veto soll jetzt aber fallen. Im Justizministerium liegt bereits ein Gesetzesentwurf, mit dem dieses Länder-Recht abgeschafft werden soll, bestätigt OGH-Präsident Ratz.

Welche Auswirkungen das haben wird, konnte Ratz nicht abschätzen. Im Raum stehen Reformgedanken bis hin zur Abschaffung der bisherigen Bezirksgerichte. An ihre Stelle könnten wenige, dafür größere Eingangsgerichte für alle erstinstanzlichen Aufgaben treten.

Ratz: Einsparungen durchaus möglich

Generell zeigte ich Ratz angesichts der Einsparungen im Justizbereich zuversichtlich. Man könne zweifellos da und dort sparen - man müsse es nur an der richtigen Stelle tun. Er habe aber großes Vertrauen, dass dies vernünftig angegangen werde.

Eckart Ratz geht Ende Juni in Pension. Seine Nachfolge übernimmt die 59-jährige Wienerin Elisabeth Lovrek.

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