Zwölfstundentag sorgt für Lob und Kritik

Das von der Bundesregierung vorgestellte Modell zur Arbeitszeitflexibilisierung sieht vor, dass künftig bis zu zwölf Stunden am Tag gearbeitet werden darf. Die Reaktionen in Vorarlberg reichen von Lob bis hin zu scharfer Kritik.

Am Donnerstag hat sich die türkis-blaue Koalition in Wien auf ein Modell zur Flexibilisierung der Arbeitszeit geeinigt. Kernstück ist, dass der Achtstundentag die gesetzliche Normalarbeitszeit bleiben soll. Auf freiwilliger Basis soll ab kommendem Jahr aber bis zu zwölf Stunden am Tag gearbeitet werden können.

Flexible Arbeitszeiten

Die türkis-blaue Bundesregierung packt gerade das nächste Wahlversprechen an: Sie will flexible Arbeitszeiten einführen - künftig soll es möglich sein, pro Tag bis zu 12 Stunden zu arbeiten.

ÖVP und FPÖ bezeichnen die neue Regelung als Gewinn für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ganz anders sehen das die Oppositionsparteien, Arbeiterkammer und Gewerkschaft - sie sprechen von Lohnraub und „unglaublichen Eingriffen“ in Arbeitnehmerrechte.

Türkis-blau von Vorteilen überzeugt

Monika Vonier, die Wirtschaftssprecherin der ÖVP Vorarlberg, begrüßt die Einigung auf flexiblere Arbeitszeiten. „Es ist wichtig, dass zu jenen Zeiten in unseren Unternehmen gearbeitet wird, an denen die entsprechenden Aufträge vorhanden sind. Schließlich ist Flexibilität ein wesentlicher Faktor im globalen Wettbewerb und hier schafft die Neuregelung für unsere Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil und sichert damit Arbeitsplätze in Vorarlberg", sagt Vonier.

Hubert Kinz, der Wirtschaftssprecher der Vorarlberger Freiheitlichen, sieht eine „Win-win-Situation“ mit Vorteilen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Arbeit werde erledigt, wenn sie anfalle - in Folge gebe es Möglichkeiten auf lange Wochenenden. Die Freiheitlichen Arbeitnehmer sehen in der Arbeitszeitflexibilisierung die gesetzliche Ermöglichung der Vier-Tage-Woche. Und die Industriellenvereinigung spricht von einem Schritt in Richtung modernere Arbeitswelt ohne längere Gesamtarbeitszeit.

ÖGB: „Angriff auf Privat- und Familienleben“

ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker sieht hingegen einen Angriff auf das geregelte Privat- und Familienleben, der nur Wirtschaftsinteressen diene. Dieses „Zwangsarbeitmodell“ der Bundesregierung gehe zudem auf die Gesundheit der Beschäftigten, so Loacker. Wer länger arbeite, gefährde die Gesundheit und gehe früher in Pension, kritisiert auch der SPÖ-nahe Pensionistenverband Vorarlberg. Die Bundesregierung arbeite damit gegen die Bemühungen, das faktische an das gesetzliche Pensionsalter anzunähern.

Für Arbeiterkammer-Präsident Hubert Hämmerle ist es geradezu ungeheuerlich, dass die Bundesregierung die im Rahmen eines Initiativantrags eingebrachte neue Regelung als „Sozialpartnermodell“ bezeichne. In Wirklichkeit handle es sich um einen einseitigen Vorschlag der Wirtschaftskammer. Auch Hämmerle spricht von einem „massiven Eingriff in Freizeit, Gesundheit und Familie“.

Arbeitgeber braucht keinen Nachweis mehr

Die Möglichkeit, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten, gab es in Österreich auch bisher schon. Allerdings musste der Arbeitgeber nachweisen, dass dem Unternehmen ein „unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Schaden“ droht und die Beschäftigten daher zwölf Stunden arbeiten müssen. Das muss der Arbeitgeber künftig nicht mehr nachweisen. Im Gegenteil: der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass er nicht zwölf Stunden arbeiten kann - aus „überwiegenden persönlichen Interessen“, wie etwa Kinderbetreuungspflichten. Kurz gesagt: für den Arbeitnehmer wird es schwieriger, Nein zu sagen.

Eine weitere Neuerung im Arbeitszeitgesetz: es soll längere Durchrechnungszeiträume geben können. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass Überstundenzuschläge für Arbeitnehmer wegfallen, die ihnen bislang zugestanden sind. Seitens der Bundesregierung heißt es allerdings, dass die Überstundenzuschläge gesichert seien.

60-Stunden-Woche möglich

Künftig ist auch eine Arbeitszeit von 60 Wochenstunden möglich. Bisher waren 50 Stunden sozusagen als „obere Grenze“ eingezogen - 40 Stunden mussten normal ausgezahlt werden und zehn Stunden als Überstunden. Eine andere Option: die Arbeitszeit über den Durchrechnungszeitraum hinweg entsprechend reduzieren, bis das Überstundenkonto wieder auf Null ist. Das wird künftig genauso ablaufen, allerdings wird die wöchentliche Obergrenze nicht mehr 50 Stunden sein, sondern eben 60 - also fünf Arbeitstage zu je zwölf Stunden.

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