Rückkehr 76 Jahre nach der Flucht
Inge Ginsberg wurde 1922 in Wien geboren, mit ihren 96 Jahren ist sie geistig topfit. Sie erinnert sich genau an jene Tage im Oktober 1942, als sie in St. Gallenkirch als 20-Jährige auf ihre Flucht in die Schweiz wartete: „Das sind sehr schöne Erinnerungen - nicht nur, dass es uns das Leben gerettet hat“, sagt Ginsberg, als sie nach 76 Jahren ins Montafon zurückkehrt und fügt hinzu: „Es tut mir leid, dass ich so viele Jahre nicht her gekommen bin“.
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Blick Richtung Gargellen im Gedächtnis
Vor allem der Blick in Richtung Gargellen blieb ihr im Gedächtnis, denn sie wurde gemeinsam mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrem Verlobten in einem Haus mit Blick auf die Gargellner Berge versteckt. Wochenlang hielt sich die Familie in dem Haus auf, nur am Abend traute sie sich gelegentlich ans Fenster oder auf den Balkon an die frische Luft.
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Legendärer Flüchtlingshelfer Meinrad Juen
Ihr Leben zu verdanken hat sie Meinrad Juen - der dutzenden Flüchtenden über die Grenze half. Juen starb bereits kurz nach dem Krieg und ist auf dem Friedhof von St. Gallenkirch begraben. Ginsberg besucht sein Grab mit tiefer Dankbarkeit. „Vielleicht hört er das, dass er ein Held war und uns gerettet hat - und dass er mich persönlich geschleppt hat. Er war ein gütiger Mensch.“
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Dramatische Flucht über die Berge
Die Flucht über die Berge in die Schweiz hat sich dramatisch abgespielt. „Da mussten wir eine ganze Nacht und einen Tag regungslos hinter einem Gebüsch bleiben bis die Grenzsoldaten da waren, die Meinrad bestochen hatte. Wir mussten ja direkt an der Grenze vorbei“, erinnert sich Ginsberg.
Einer dieser Grenzpolizisten habe ihnen den Weg gezeigt und dann den Bus bezahlt. Erst als die Gruppe in Chur in der sicheren Schweiz ausstieg, habe der Grenzpolizist sie verhaftet - oben im Gebirge hätte er die Flüchtlinge zurück nach Österreich schicken müssen.
Zeitzeugin Inge Ginsberg
Die mittlerweile 96-Jährige hat eine spezielle Beziehung zu Vorarlberg und zu St. Gallenkirch. Von hier konnte Inge Ginsberg vor den Nazis in die Schweiz fliehen. Jetzt ist sie erstmals ins Montafon zurückgekehrt.
„Riesengewinn für die historische Forschung“
Nicht nur für die Nachkommen von Meinrad Juen und seinen Bruder Wilhelm, sondern auch für die historische Forschung ist der Besuch der alten Dame im Montafon eine positive Überraschung. „Dass es jetzt noch eine Person gibt, die das als junge Erwachsene mit vollem Bewusstsein erlebt hat und die sich sehr gut daran erinnert, das ist eine Riesenchance und ein Riesengewinn für die historische Forschung“, so Michael Kasper von den Montafoner Museen.
„Ein herrliches Leben gehabt“
Inge Ginsberg wurde übrigens in der Schweiz Autorin und Journalistin, schrieb Liedtexte für bekannte Sänger und pendelt noch heute zwischen New York, Tel Aviv und Zürich. „Ich habe ein herrliches Leben gehabt, wofür ich dem Meinrad fast täglich danke, dass er uns das ermöglicht hat“, sagt Ginsberg.
Mehr über den Fluchthelfer Meinrad Juen und seine Tätigkeit auch als Schmuggler ist nachzulesen bei Universum History.