Historikerkommission: Bösch weist Kritik zurück

Noch bevor die Mitglieder der FPÖ-Historikerkommission feststehen, wird die Unabhängigkeit der Kommission schon in Frage gestellt. Der Vorarlberger Landesparteiobmann Reinhard Bösch, selbst Mitglied der Koordinierungsgruppe, weist die Kritik vehement zurück.

Aufgabe der Kommission ist es bekanntlich, die Geschichte der Partei als Teil des dritten Lagers aufzuarbeiten. Die aufflammende Kritik entzündet sich jetzt vor allem am Leiter der Kommission und an den Mitgliedern der zugehörigen Koordinierungsgruppe, die dem deutsch-nationalen Lager zugeordnet werden. Ein unabhängiger Blick auf die nationalsozialistisch belastete Vergangenheit werde dadurch verstellt, so die Kritiker.

„Dumme Unterstellung“

Leiter der Kommission ist Rechtswissenschafter Wilhelm Brauneder, Referent bei deutsch-nationalen Treffen und Autor der rechtsextremen Zeitschrift „Aula“. Und auch in der Koordinierungsgruppe sitzen Aula-Autoren und extreme Rechte, wie etwa der als „Mister Umvolkung“ bekannte Andreas Mölzer. Dass die FPÖ just diese Mitglieder mit der Aufarbeitung der NS-belasteten Parteigeschichte betraut hat, ist laut Landesparteichef Reinhard Bösch nicht problematisch. Den Vorwurf, diese Mitglieder seien „auf dem braunen Auge blind“, empfinde er als „dumme Unterstellung“.

„Ich darf daran erinnern, dass die SPÖ vor einigen Jahren auch ihre Geschichte vor allem in Bezug auf den Bund sozialistischer Akademiker und dessen Beziehungen zum Nationalsozialismus aufgearbeitet hat“, sagt Bösch. „Und das wurde auch von SPÖ-Historikern getan, zur Zufriedenheit aller.“ Dass man mit der Aufgabe Vertrauenspersonen betraue, sei wohl eine „Selbstverständlichkeit“: „Wir haben aber auch klar gemacht, das wir auch Beiträge anderer Historiker respektieren werden.“

Experte: Archivzugang entscheidend

Von solchen unabhängigen Fachleuten hänge auch ein Teil des Erfolgs dieser Kommission ab, erklärt der Bregenzer Historiker Werner Dreier, Geschäftsführer des Zeitgeschichte-Vereins erinnern.at. „Die Frage ist, welche Rahmenbedingungen für diese Mitglieder der Kommission geschaffen werden, damit es überhaupt gelingt, Fachleute mit hohem akademischen Standing in diese Kommission zu bekommen.“ Entsprechende Rahmenbedingungen werden laut Bösch in den nächsten Wochen erarbeitet.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist für Dreier der uneingeschränkte Zugang zu relevanten Archiven. Neben jenen der Partei gehörten auch jene von deutsch-nationalen Burschenschaften dazu, aus denen viele FPÖ-Funktionäre stammen. Reinhard Bösch, selbst Mitglied der Wiener Burschenschaft Teutonia, gibt dabei zu bedenken, dass es sich um Vereine handle, die souverän entscheiden können, was mit ihren Archiven geschehe. Man werde aber sehen, wie man in diese Richtung vorgehen könne.

Braune Spurensuche auch in Vorarlberg

Laut Bösch werden in den nächsten Wochen etliche Historiker - auch aus dem FPÖ-fernen Lager - eingeladen, sich an der wissenschaftlichen Aufarbeitung möglicher nationalsozialistisch-freiheitlicher Schnittmengen zu beteiligen. „Im Wesentlichen wird eine Art Zusammenfassung der Literatur notwendig sein, die es ja zum Thema ‚Drittes Lager‘ und FPÖ-Burschenschafter und so weiter schon gibt. Wir werden es zusammenfassen müssen und unsere Schlüsse daraus ziehen“, sagt Bösch zum Ziel der Historikerkommission.

Bei der Spurensuche nach möglichen braunen Flecken in der FPÖ wird laut Bösch auch das Bundesland Vorarlberg eingeschlossen sein. Grundsätzlich sei das Hauptziel aber die Bundesebene.

Dreier: Motivlage unklar

Ob die FPÖ nur eine Image-Politur durchführen will oder doch an einer seriösen Aufarbeitung interessiert ist, bleibt laut Historiker Dreier vorerst abzuwarten. „Wenn es etwas Substanzielles wäre, dass die FPÖ sagt: Wir sehen, dass wir immer wieder Schwierigkeiten mit dieser Geschichte haben - und sie wollen dieses Problem für sich besser begreifen, dann ist es sicher fruchtbar.“

SPÖ: Bösch als „schlechter Scherz“

Kritik an der FPÖ-Historiker-Kommission kommt auch von der SPÖ. Landesparteivorsitzende Gabriele Sprickler-Falschlunger hält die Kommission für eine Farce und einen PR-Gag. Auch Reinhard Bösch als Koordinator hält Sprickler-Falschlunger für einen schlechten Scherz. Bösch habe in einem VN-Interview Deserteure der national-sozialistischen Wehrmacht kritisiert. Somit sei er nicht für die Aufarbeitung qualifiziert.