Gericht kippt Bestrafung von Zeitungsverkäufern

Die Bezirkshauptmannschaften Bregenz und Bludenz haben zuletzt Verkäufer von Straßenzeitungen abgestraft, weil sie keine Bewilligung für den Verkauf vorweisen konnten. Nur: Solche Bewilligungen braucht es nicht, urteilte jetzt das Landesverwaltungsgericht.

Februar 2017: Ein Mann verkauft in der Bregenzer Fußgängerzone die Straßenzeitung „Marie“. Zwei Polizisten kontrollieren ihn und zeigen ihn an. Begründung für das vermeintliche Verwaltungsdelikt: Er habe eine öffentliche Straße ohne Bewilligung bestimmungswidrig benutzt. Die Strafe: 50 Euro oder acht Stunden Ersatzhaft.

Gericht: Kein „Sondergebrauch“

Der Dornbirner Rechtsanwalt Anton Schäfer legt beim Landesverwaltungsgericht Beschwerde ein. „Nach meiner Rechtsansicht war das eine Fehlentscheidung. Und das wurde jetzt auch vom Landesverwaltungsgericht bestätigt.“ Laut Verwaltungsgericht handelt es sich nämlich beim Verkauf von Zeitungen nicht um einen bewillingungspflichtigen Sondergebrauch einer öffentlichen Straße.

Anzeigen gegen Zeitungsverkäufer

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Konkret heißt es im Erkenntnis: „Im Lichte der (...) Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist der Vertrieb von periodischen Druckschriften, wie der Straßenzeitung ‚Marie‘, ohne Einrichtung eines festen Standortes auf öffentlichen Straßen vom Gemeingebrauch erfasst.“ Und für einen solchen Gemeingebrauch brauche es eben keine Bewilligung.

Mehr noch: Selbst wenn es eine Bewilligung brauchen würde, könnte der Straßenerhalter sie nur dann verweigern, wenn die Straße durch den Gebrauch in ungewöhnlichem Maße abgenutzt würde. Das Verwaltungsgericht dazu: „Im gegenständlichen Fall ist nicht nachvollziehbar inwieweit der Verkauf einer Straßenzeitung durch einen Zeitungskolporteur ohne die Errichtung eines festen Standortes zu einer außergewöhnlichen Straßenabnützung und für den Straßenerhalter zu höheren Erhaltungskosten führt (...).“

BHs: Verfahren werden eingestellt

Laut Schäfer handelt es sich dabei nicht um einen Einzelfall: 92 Anzeigen gegen Zeitungsverkäufer in Bregenz und Bludenz seien allein bei ihm über den Tisch gegangen, die tatsächliche Zahl sei wohl weit höher. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz bestätigt ihrerseits, rund 100 Verwaltungsstrafen gegen Verkäufer von Straßenzeitungen verhängt zu haben. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts werde man laufenden Verfahren einstellen.

Ähnlich auch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz: Hier habe es „mehrere Dutzend“ Anzeigen gegeben, laufenden Verfahren werde man „selbstverständlich“ einstellen. Offen ist noch, was mit den rechtskräftigen Verfahren geschieht - also jenen Fällen, in denen die Strafe bezahlt bzw. die Haft abgesessen wurde. Beide Bezirkshauptmannschaften prüfen diesbezüglich weitere Schritte.

Markus Sturn, ORF Vorarlberg