Schmolly: Mindestsicherungspläne ein „No-Go“
Trotz der guten Wirtschaftslage sinke die Sorge um den Wohlstand in der Bevölkerung nicht, sagt Vorarlbergs Caritas-Direktor Walter Schmolly. Diese Sorge verlagere sich sogar immer mehr in Richtung Mittelstand. Während die niedrigen Gehälter tendenziell eher sinken würden, stiegen hohe Gehälter überdimensional an, kritisiert Schmolly. Aus seiner Sicht ist es eine große politische Herausforderung, bei der Verteilung des Wohlstands wieder mehr Gerechtigkeit herzustellen.
Debatte: Welche Akzente setzt die Regierung?
Viele Familien in Notsituationen unterstützt
Familien mit mehreren Kindern könnten sich gerade in Vorarlberg, wo die Mietpreise und die Lebenserhaltungskosten tendenziell höher sind als im Rest Österreichs, finanziell kaum über Wasser halten. Die Caritas Vorarlberg habe im Jahr 2017 vielen Familien in Notsituationen beistehen können - dabei unterscheide die Caritas nicht zwischen Einheimischen und Flüchtlingen. „Wer in Not ist und wer bedürftig ist, der bekommt unsere Unterstützung und Aufmerksamkeit“, so Schmolly.
Wege gegen die Obdachlosigkeit
Mit den Notschlafstellen und mit zusätzlichen Schlafplätzen für Frostnächte sowie für wohnungslose Frauen und Kinder im Winter, sei bezüglich Obdachlosigkeit in Vorarlberg eine pragmatische und funktionierende Lösung gefunden worden, um zumindest die Spitze der Not zu nehmen, sagt Schmolly. Die Not der Menschen sei damit aber natürlich nicht gelindert, sie sei sehr vielschichtig und komplex, so Schmolly. Der falsche Weg sei es jedenfalls, Verbote auszusprechen, um die Armut unsichtbar zu machen. Diese Menschen bräuchten nachhaltige Hilfe, ist Schmolly überzeugt.
Mindestsicherung: Kritik an Regierungsplänen
Zum Thema Mindestsicherung sagt der Caritas-Direktor, das neu eingeführte Vorarlberger Modell gehe „gerade noch“. Die Caritas-Mitarbeiter bekämen in ihrer täglichen Arbeit aber mit, wie herausfordernd es für Familien in Vorarlberg sei, die auf Mindestsicherung angewiesen sind.
„Aber das ist noch weit weg von dem, was jetzt die Bundesregierung als einheitliche Regelung will - mit 1.500 Euro Deckel in der Mindestsicherung. Damit ist für eine Familie mit zum Beispiel vier Kindern in Vorarlberg mit den Wohnungskosten und den Lebensmittelpreisen einfach kein Auskommen zu finden. Das halte ich für ein ´No Go`, findet Schmolly deutliche Worte“
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Das Interview mit Walter Schmolly hat Ines Hergovits-Gasser geführt.
„Länder brauchen Spielraum“
Wie Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) bereits betont habe, brauchten die Länder durchaus Spielraum, um Regelungen zu gestalten, die in der jeweiligen Situation dann auch funktionierten. „Und das unterstützen wir natürlich sehr und sind natürlich auch bereit, ein System zu entwickeln, das Familien ein Leben in Würde sicherstellt“, sagt Schmolly.
Die Bereitschaft, Armut zu verhindern, sei in Österreich sicher geringer geworden. „Meine Erwartung an die Politik wäre natürlich, dafür gerade zu stehen, dass man Armut in diesem Land nicht will. Das könnte sich ein Wohlstandsland wie Österreich durchaus leisten“, so der Caritas-Direktor weiter.
Bis zu 14 Prozent sind armutsgefährdet
Nach den Richtwerten von Rechnungshof und Statistik Austria gelten in Österreich etwa 13 bis 14 Prozent der Bürger als armutsgefährdet - dieser Schnitt gelte auch für Vorarlberg, so Schmolly. Und dann zeige sich Armut natürlich beim Blick auf die Kinder, „für die dann eben nicht die Ressourcen zur Verfügung stehen, um sie in der Schule zu begleiten, die sich keine Nachhilfe leisten können“.
Die Armut zeige sich auch sehr stark auf dem Wohnungsmarkt, betont Schmolly: „In Vorarlberg sind die Mieten in den vergangenen 11 Jahren über 30 Prozent gestiegen. Das bekommen wir in unserer Arbeit tagtäglich mit, dass es für viele Familien sehr schwer ist, sich in Vorarlberg Wohnraum leisten zu können.“ Armut zeige sich aber auch, wenn in einer Familie Pflege zum Thema werde.
Mehr Ressourcen nötig, aber auch viel Engagement
Zur Situation der Caritas sagt Schmolly, dass in vielen Bereichen deutlich mehr Ressourcen nötig seien. „Aber man soll auch nicht jammern, es ist in Vorarlberg auch vieles da - da sind sehr viele Menschen, die etwas beitragen, als Freiwillige und in Form von Spenden. Man könnte noch viel mehr brauchen, aber es geschieht auch viel.“