Grenzen für Gewaltschutz und Betretungsverbot

Nach dem Dreifachmord in Hohenems stellt sich die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können. Laut Ulrike Furtenbach, Leiterin der Gewaltschutzstelle des Instituts für Sozialdienste (ifs), hat auch der Gewaltschutz Grenzen.

Ein Mann hat laut Ermittlungen der Polizei am Samstag seine beiden vier und sieben Jahre alten Töchter sowie seine Frau getötet und sich anschließend selbst das Leben genommen - mehr dazu in 38-Jähriger tötet Frau und beide Kinder. Seit Anfang August bestand gegen den mutmaßlichen Täter aufgrund eines gewaltsamen Vorfalls ein Betretungsverbot. Er hatte auch keinen Schlüssel mehr für die Wohnung seiner Familie.

Größere Hürden für Migrantinnen

In vielen Fällen werde die oft schon jahrelange häusliche Gewalt erstmals offensichtlich, sagt die Leiterin der ifs-Gewaltschutzstelle Ulrike Furtenbach. Die Hürde, Hilfe in Anspruch zu nehmen, sei nach wie vor groß und Migrantinnen hätten es oft noch schwerer als Österreicherinnen. „Da liegen dann manchmal auch sprachliche Schwierigkeiten vor. Daher ist dann auch die Schwierigkeit größer, sich Hilfe und Unterstützung zu holen“, so Furtenbach. Ein weiteres Problem für betroffene Frauen sei das Geld. Denn um sich aus einer Gewaltbeziehung lösen zu können, brauche es finanzielle Unabhängigkeit.

Studiogast Ruth Rüdisser

Ruth Rüdisser von der ifs-Opferschutzstelle sieht Kontaktverbote nach wie vor als sinnvolles Mittel an. In Ausnahmefällen könne dennoch ein Kontakt zwischen Täter und Opfer hergestellt werden.

Im vergangenen Jahr wurden in Vorarlberg 360 Betretungsverbote ausgesprochen. Die Gewaltschutzstelle nimmt in jedem Fall Kontakt zum Opfer auf. „Zum einen geht es beim Betretungsverbot darum, dass, wenn der Gefährder vor der Wohnung auftaucht und den Kontakt mit der Frau sucht, diese sofort die Polizei verständigt“, sagt Furtenbach. Die Polizei müsse dann umgehend einschreiten und die Situation lösen.

Schutz vor Gewalt in Frauennotwohnung

Bei fortgesetzter Gewalt wird laut Furtenbach den Frauen auch empfohlen, in die ifs-Frauennotwohnung zu ziehen. Dort seien sie und ihre Kinder umfassend geschützt. Für viele Frauen komme dieser Schritt aus verschiedenen Gründen aber nicht in Frage.

Dass die Krisensituation nach einem Betretungsverbot wie in Hohenems vollkommen eskaliert, ist laut der Leiterin der Gewaltschutzstelle nicht vorhersehbar und kann deshalb nicht verhindert werden. Es gebe zwar manchmal schon Hinweise auf eine große Gefährdung, aber es könne für betroffene Frauen und Kinder nicht die Lösung sein, dass sie in ein Frauenhaus gehen müssen.

Betretungsverbot: BH gegen Strafen bei Missachtung

Der Dornbirner Bezirkshauptmann Helgar Wurzer hält Haftstrafen für Personen, die gegen ein Betretungsverbot verstoßen, für wenig sinnvoll. Auch eine Geldstrafe für das Opfer, wenn es den Gefährder in die Wohnung lässt, wäre für Wurzer kontraproduktiv und würde die Zusammenarbeit mit der betroffenen Familie gefährden.

Für Wurzer stellt sich aber die Frage, wie Opfer von Gewalt geholfen werden könne, die Situation besser einzuschätzen. „Der Schwachpunkt im ganzen System scheint mir bei den Opfern zu sein, weil es eben oft zwischen Täter und Opfer ein großes Naheverhältnis besteht“, so der Bezirkshauptmann. Psychologische Untersuchungen der Gefährder gibt es laut Wurzer nicht automatisch. Allerdings gebe es bei unmittelbarer Eigen- oder Fremdgefährdung die Möglichkeit einer Einweisung in eine Krankenanstalt. Dabei handle es sich jedoch um einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Freiheit.

Forderung nach mehr Sicherheit für Frauen

Nach Angaben des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) ist in Österreich jede fünfte Frau ab ihrem 15. Lebensjahr von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen. Jährlich würden schätzungsweise 20 bis 25 Frauen durch ihren eigenen Partner oder Ex-Partner ermordet. „Polizei und Justiz sind daher aufgefordert, die Gefährlichkeit eines Täters besser einzuschätzen um schwere Gewalttaten wie Mordversuche und Morde zu verhindern“, sagt AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer.

Die derzeitigen täterbezogenen Maßnahmen bei polizeibekannten und sehr gefährlichen Gewalttätern seien nicht ausreichend, eine Wegweisung alleine nicht genug, so Rösslhumer. Besonders gefährliche Gewalttäter würden verpflichtende Auflagen und womöglich eine U-Haft benötigen. Zudem muss laut AÖF der Staat mehr in die Sicherheit von Frauen und Kindern investieren, etwa in mehr opferschutzorientierte Täterprogramme und in einen Ausbau der Frauenhausplätze.

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