Studie: Risiko bei Tschetschenen am höchsten
Islamistische Straftäter
Zwischen 20 und 30 Jahre alt, tschetschenischer Abstammung, wenig bis gar nicht integriert, so beschreibt Hofinger den Großteil der islamistischen Straftäter in Österreich.
In Vorarlberg leben mehr als 1.600 Tschetschenen. Zwei von ihnen wurden wegen Mitgliedschaft in einer Terror-Organisation unlängst zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt - sie hatten sich in Syrien dem Dschihad angeschlossen. Ein Dritter Syrien-Rückkehrer ist untergetaucht. Für die Studie wurde auch einer der beiden inhaftierten Tschetschenen in Vorarlberg befragt.
Hass auf Russland und Kriegserfahrungen
Ein Grund für die erhöhte Anfälligkeit sei, dass viele von ihnen schon als Kinder Kriegserfahrungen in ihrem Heimatland Tschetschenien gemacht hätten, sagt die wissenschaftliche Leiterin Veronika Hofinger. Weiters komme hinzu, dass Tschetschenen einen besonderen Hass auf Russland hätten, und im Syrien-Krieg diesen Feind bekämpfen können, weil Russland ja an der Seite Assads gegen die Dschihadisten kämpfe, sagt Hofinger.
Studie über erhöhte Radikalismus-Anfälligkeit
Die wissenschaftliche Leiterin des Wiener Instituts für Kriminalsoziologie, Veronika Hofinger, geht gemeinsam mit dem Vorarlberger Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger den Ursachen für die erhöhte Radikalismus-Anfälligkeit der Tschetschenen auf den Grund.
Hofinger: Integration fehlt
Neben den psychosozialen und politischen Ursachen ortet Hofinger einen weiteren Grund für die hohe Radikalisierungsanfälligkeit unter Tschetschenen in verabsäumten Integrationsbemühungen von Wien bis Vorarlberg. Österreich hätte sich zu wenig den Leuten angenommen, so Hofinger. Nur vereinzelt hätten die traumatisierten Menschen auch eine Therapie erhalten.
Asylstatus wird aberkannt
Dass die beiden in Vorarlberg lebenden Tschetschenen wie Dutzende weitere Syrien-Rückkehrer in anderen Bundesländern jetzt zurecht in Strafhaft sitzen, berge für deren künftige Integration nun aber ein großes Risiko. Denn die Strafverurteilung hat für die Betroffenen und deren gesamtes familiäres Umfeld laut Hofinger massive Auswirkungen. Der Asylstatus werde ihnen aberkannt, eine Duldung ausgesprochen und sobald es aus menschenrechtlicher Sicht erlaubt sei, würden sie nach Tschetschenien abgeschoben.
Dieser Status führe zu wirklicher Armut, sagt Hofinger, da diese Menschen nicht arbeiten dürfen und auch keinen Anspruch auf Sozialleistungen hätten. Dieser Umstand „verunmögliche“ die Integration. Um der Radikalisierung präventiv entgegen treten zu können, müssten sich die Bundesländer laut Hofinger stärker bemühen, vor allem ihre tschetschenischen Mitbürger zu integrieren.
Link:
- Zwei Jahre Haft für Syrien-Heimkehrer (vorarlberg.ORF.at; 16.5.2017)