Urteil zu Negativzinsen: Folgen unklar

Ein Kreditnehmer hat seine Bank geklagt, weil sie den negativen Referenzzinssatz nicht weiterreichen wollte. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab dem Kläger jetzt recht. Umstritten ist, ob das Urteil auch für andere betroffene Bankkunden gilt.

Wer bei einer Bank einen Kredit aufnimmt, bezahlt dafür nicht nur Zinsen, sondern auch einen fixen Aufschlag, mit dem Banken etwa ihre Kosten decken. Der Zinssatz orientiert sich an einem Referenzzinssatz - etwa dem Euribor oder dem Libor. Noch bis vor wenigen Jahren waren diese Referenzzinssätz stets positiv. Ende 2014 rutschte der Libor erstmals ins Minus, im Mai 2015 der Euribor.

Negativ-Zinsen: Urteil sorgt für Diskussion

Eine Bank muss Negativ-Zinsen an den Kreditkunden weitergeben. Und das sogar rückwirkend. So lautet ein neues Urteil des Obersten Gerichtshofes.

Statt den negativen Zinsbetrag vom fixen Aufschlag abzuziehen, setzten aber viele Banken bei den Zinsen einen Minimalwert von Null fest. Der Kunde muss also weiterhin mindestens den Aufschlag bezahlen. So geschehen auch bei jenem Kunden, der jetzt mit Erfolg seine Bank klagte. Der OGH entschied, dass sich aus dem Kreditvertrag nicht ergebe, dass der Kunde zumindest den Aufschlag bezahlen müsse - beide Parteien hätten Chancen und Risiken von Zinsschwanken schließlich bewusst in Kauf genommen.

Das Urteil können Sie hier im Detail nachlesen.

Denifl: Symmetriegebot verletzt

Als Konsequenz aus dem Urteil soll die Bank den Negativzins auch rückwirkend anwenden, die bezahlten Beträge müssen dem Kunden als gutgeschrieben werden.

Anwalt Stefan Denifl vertritt Betroffene in ähnlichen Fällen vor Gericht. Die Praxis der Banken stelle „einen Verstoß gegen das Symmetriegebot dar“, erläutert Denifl das Urteil. „Es darf also nicht sein, dass der Kunde, wenn der Zins steigt, mehr zahlt, und wenn der Zins dann fällt, hier keinen Abzug erhält.“ Das sei die Ansicht des OGH gewesen.

Hopfner: „Einzelurteil“

Bankensprecher Wilfried Hopfner spricht hingegen von einem Einzelurteil. Man könne den Fall nicht einfach auf alle anderen herunterbrechen. Es seien auch nicht alle Fakten gewürdigt worden, die man von Bankenseite vorgebracht habe. Man habe immer gesagt, man wolle die neue Negativzins-Situation vor Gericht klären lassen. „Und Gerichtsklärung heißt beim OGH.“ Wenn der OGH dann auf der auf Basis verschiedener Verfahren mit unterschiedlichen Facetten eine Entscheidung getroffen habe „dann gilt das für uns.“

AK rät zu Auszahlungen

Bei der Arbeiterkammer widerspricht man: Das jüngste Urteil sei ein entscheidendes, viele Kreditverträge seien gleich oder sehr ähnlich gestaltet wie jener, über den nun vom OGH entschieden worden ist. „Momentan geht noch davon aus, dass die Banken gut daran tun werden, das einseitig, ohne lange Aufforderungsschreiben seitens der Konsumenten, zurückzuzahlen“, sagt AK-Konsumentenschützerin Karin Hinteregger. Nachsatz: „Eingeführt haben sie es schließlich auch sehr schnell einseitig.“

Beim OGH sind jetzt noch zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle anhängig. Branchenkenner rechnen damit, dass in wenigen Tagen, höchstens aber Wochen mit den restlichen Urteilen aus Wien zu rechnen ist.