Kinderschutz wird in Vorarlberg neu organisiert

Kinder haben in Österreich seit 1989 das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Allerdings wissen das nur 58 Prozent der Eltern. Jetzt wird in Vorarlberg eines neues Modell für den Kinderschutz eingeführt.

Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) hat am Donnerstag die neuen Strukturen vorgestellt. Ziel ist es, das Gesamtsystem zu stärken, indem öffentliche und private Institutionen sowie Systempartner wie Polizei und Schule besser vernetzt und Synergien besser genutzt werden.

Bereits vor eineinhalb Jahren ist das „Kompetenzzentrum für Kinderschutz“ als Verein aufgelöst worden. Die Aufgaben wurden wieder in die Landesverwaltung eingebunden.

Fachbeirat wird gegründet

In Zukunft gibt es einen Fachbeirat - bestehend aus acht Personen aus der privaten und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe sowie der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Dem Fachbeirat soll eine steuernde und moderierenden Funktion zukommen. Er arbeitet verstärkt mit psychosozialen und medizinischen Einrichtungen sowie weiteren Organisationen - wie Polizei, Schulen und Kindergärten - zusammen.

Gemeinsam werden neue Wege der Prävention und Aufklärung ausgearbeitet, sagt Michael Rauch: Man müsse den Hebel bei der Öffentlichkeitsarbeit ansetzen und bei der Professionalisierung der Fachkräfte. Zudem brauche es eine bessere, abgestimmte Vorgangsweise bei Gewalt, so Rauch.

Bis zu 25 Prozent sind Gewalt ausgesetzt

Soziallandesrätin Wiesflecker gibt auch klar vor, welche Ziele erreicht werden sollen: „Damit hoffe ich schon, dass wir eine stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung zustande bekommen und damit natürlich auch Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen durchbrechen.“

Gewalt an Kindern ist auch 2017 noch ein Problem: Deutsche und österreichische Umfragen haben ergeben, dass bis zu 25 Prozent der 6- bis 14-Jährigen unter einem gewaltbelasteten Erziehungsstil leiden. Bei weiteren sieben Prozent liegt sogar Misshandlung vor. Umgemünzt auf Vorarlberg sind pro Jahrgang rund 300 Minderjährige gravierenden körperlichen Angriffen ausgesetzt.

Rüdisser: „Cybermobbing nimmt zu“

Gewalt hat aber viele Gesichter, sagt Ruth Rüdisser vom Institut für Sozialdienste (ifs): „Wir haben sehr viel mit sexueller Gewalt zu tun, auch mit schwerem sexuellen Missbrauch, wir haben auch verstärkt mit psychischer Gewalt zu tun. Es fällt auf, dass Mobbing zunimmt - und vor allem das Cybermobbing“. Umso wichtiger ist es, dass jetzt alle verantwortlichen Stellen an einem Strang ziehen, damit Kinder in Zukunft gewaltfrei aufwachsen können.

Gefordert wurde auch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit. „Das muss unser erstes Ziel sein“, so die Kinderschutzkoordinatorin des Vorarlberger Kinderdorfs, Anneli Kremmel-Bohle. Sie verwies auf Schweden als Vorreiter beim Thema Kinderschutz. Das skandinavische Land machte das Gewaltverbot einst auf Milchpackungen gedruckt publik. Schweden habe damit erreicht, dass mittlerweile über 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen keinerlei Gewalt erleben.

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Im Beitrag zu Wort kommen Landesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne), Ruth Rüdisser (IfS),
Annelie Kremmel-Bohle (Vorarlberger Kinderdorf) und Michael Rauch (Kinder- und Jugendanwalt)

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