Rechnungshof kritisiert Landwirtschaftskammer

Der Landesrechnungshof hat die verschiedenen Akteure in der Vorarlberger Landwirtschaft geprüft. Kritik gab es vor allem an der Landwirtschaftskammer - es mangle an Transparenz.

Geprüft wurden die Abteilung Landwirtschaft im Amt der Vorarlberger Landesregierung, die Agrarbezirksbehörde für das Land Vorarlberg und die Vorarlberger Landwirtschaftskammer. Der Bericht des Rechnungshofes hält zahlreiche Schwachstellen in der Zusammenarbeit fest und fordert eine stärkere Bündelung der Aufgaben, eine stärkere Steuerungs- und Kontrollfunktion des Landes und mehr Transparenz in der Landwirtschaftskammer.

9.000 Euro pro Betrieb

74 Millionen Euro werden in Vorarlberg jährlich in den landwirtschaftlichen Raum investiert. Allein das Land schütte jährlich über 34 Millionen Euro an Fördermitteln für die Landwirtschaft und die ländlichen Regionen aus, von Bund und EU kämen pro Jahr noch weitere 40 Millionen Euro dazu, so Eggler-Bargehr.

Im Bundesländervergleich sei der Landesmitteleinsatz im Verhältnis zur Anzahl der Betriebe mit 9.000 Euro pro Betrieb im westlichsten Bundesland mit Abstand am höchsten. Zum Vergleich: Salzburg liegt mit 4.000 Euro auf Platz zwei. Mehr als sechs Millionen Euro erhält die Landwirtschaftskammer, um damit vom Land beauftragte Leistungen zu erbringen und Fördermittel auszuschütten.

Brigitte Eggler-Bargehr

ORF

Brigitte Eggler-Bargehr

Stärkere Kontrollfunktion des Landes nötig

Es sei zweckmäßig, die Aufgaben der Akteure stärker zu bündeln, um die Möglichkeiten des Landes voll ausschöpfen zu können, so Eggler-Bargehr - gerade in Zeiten, in denen die Spielräume der Länder immer enger würden. Zudem solle es eine stärkere Steuerungs- und Kontrollfunktion des Landes geben.

Zu wenig Transparenz in der Kammer

Die Landwirtschaftskammer beziehe rund 60 Prozent ihrer Mittel vom Land. Eggler-Bargehr betonte zwar, dass sich die Kammer nicht an den zugewiesenen Landesgeldern bereichert habe. Es gab aber Kritik an den Abrechnungen der Kammer für jene Leistungen, die sie im Auftrag des Landes durchgeführt hat. Bei der Abrechnung und Kontrolle dieser Leistungen habe der Rechnungshof in einer Stichprobe Mängel festgestellt, die zu einem Nachteil des Landes geführt hätten.

Zudem seien Mietkosten, Reisespesen und anderes dem Land unrechtmäßig in Rechnung gestellt worden, so Eggler-Bargehr. Ein Gesamteindruck über das finanzielle Gebaren sei wegen verschiedener Buchführungssysteme nicht möglich. Hier forderte der Rechnungshof mehr Transparenz und eine systematische Aufgabenkritik.

Kritik an Nebenbeschäftigungen

Kritik übt der Rechnungshof auch daran, dass es enge personelle und finanzielle Verflechtungen zwischen der Kammer und 44 kammernahen Organisationen gebe, etwa dem Schweinezuchtverband oder der Bio Austria Vorarlberg.

Kammerbedienstete würden parallel auch für diese - mit Fördergeldern bedachten - Verbände arbeiten, kritisierte Eggler-Bargehr. Es sei wichtig, dem Thema Interessenskonflikt eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Sie forderte eine Anpassung der Dienstordnung und eine zentrale Erfassung der Nebenbeschäftigungen und Nebentätigkeiten.

„Viel machen heißt nicht unbedingt viel erreichen“

Die in der Ökoland-Strategie 2020 von der Landesregierung festgesetzten Ziele zur Verringerung der Abhängigkeit der Vorarlberger Landwirtschaft von der Vieh- und Milchwirtschaft bezeichnete die Rechnungshof-Direktorin als „richtig und wichtig“.

Kritik übte sie an der Ausgestaltung. Als Beispiel nannte Eggler-Bargehr das Vorhaben, bis in drei Jahren die Anzahl der Biobetriebe von derzeit rund 520 zu verdoppeln. „Bei gleichzeitiger Reduktion“ der Bio-Beratungsleistungen sei das ein „ambitioniertes Ziel“. Sie empfahl deshalb, die Maßnahmen zur Zielerreichung zu forcieren oder „gegebenenfalls den Zeithorizont anzupassen“.

Gleichzeitig müsse ein kennzahlen- und ergebnisorientiertes Vorgehen eingefordert werden. „Viel machen heißt nicht unbedingt viel erreichen“, so Eggler-Bargehr. Die Landwirtschaftskammer habe bereits zugesagt, ihre Organisation und Struktur auf Verbesserungspotenziale zu prüfen, so Eggler-Bargehr.

Moosbrugger: „Vernetzung notwendig“

In einer Aussendung am Donnerstag sagte Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger, der Rechnungshofbericht enthalte einige Empfehlungen, die in den Zukunftsprozess der Kammer einfließen würden, der im Jänner startet. Der Rechnungshof habe aber auch festgestellt, dass die Kammer die Aufgaben erfülle, die ihr das Land übertragen habe.

Zur Vernetzung mit anderen Verbänden sagte Moosbrugger: „Diese Vernetzung ist notwendig und zweckmäßig, weil sie die hervorragenden und ehrenamtlichen Tätigkeiten vieler Bäuerinnen und Bauern in zahlreichen Organisationen sicherstellt. Das werden wir auch weiterhin unterstützen.“

Schwärzler verspricht Umsetzung

Für die Landesregierung stellte Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) am Donnerstag klar, dass die Empfehlungen des Landesrechnungshofes auch umgesetzt würden. „Das Land Vorarlberg hat schon im Vorfeld einen Reformweg eingeschlagen, um organisatorische Potenziale zu nutzen, etwa durch die Zusammenführung der Agrarbezirksbehörde und der Abteilung Landwirtschaft“, so Schwärzler.

Fehler bei der Abrechnung von Raum- und Reisekosten seien bereits behoben worden, ab dem 1. Jänner würde die Leistungsbeauftragung stundengenau abgerechnet. Es sei auch zutreffend, dass man die Zielerreichung in der biologischen Landwirtschaft forcieren müsse. Die Umsetzung der Ökoland-Strategie verlaufe aber über weite Strecken durchaus erfolgreich.

Bio Austria Vorarlberg: „Momentaufnahmen“

Die Bio Austria Vorarlberg reagierte ebenfalls auf den Rechnungshofbericht: Bei den vorgebrachten Kritikpunkten handle es sich „teilweise um Momentaufnahmen“, die Schlussfolgerungen seien teilweise nicht richtig oder zu kurz gegriffen. Es treffe zu, dass zwei Bio-Berater sowohl für die Landwirtschaftskammer als auch Bio Austria tätig seien. Dadurch würden aber Doppelgleisigkeiten vermieden und Kosten gesenkt werden.

Dass die Bio-Beratungsleistungen reduziert worden wären, sei nicht richtig: Wegen personeller Veränderungen sei die Beratung im Sommer 2016 zwar kurzzeitig unterbesetzt gewesen, mittlerweile sei die fehlende Stelle aber nachbesetzt worden.

Politik sieht Handlungsbedarf

Auch die Politik äußerte sich zum Prüfbericht des Landesrechnungshofes. Daniel Allgäuer (FPÖ), Kontrollausschuss-Obmann im Vorarlberger Landtag, sprach von einem „umfangreichen Pflichtheft“ für die Landesregierung und die Landwirtschaftskammer. Die 28 ausgesprochenen Empfehlungen würden den Handlungsbedarf unterstreichen.

SPÖ-Landesgeschäftsführer Reinhold Einwallner fühlt sich durch den Bericht in seiner jahrelangen Kritik an der fehlenden Transparenz und „Ineffizienz bei der Vergabe von Fördermitteln“ bestätigt. Es sei ein „Armutszeugnis für die Aufgabenwahrung des Landes im Landwirtschaftsbereich“, Präsident Moosbrugger sei mit seiner Aufgabe überfordert.

Scharfe Kritik von den Grünen und NEOS

Daniel Zadra, Landwirtschaftssprecher der Grünen, hält die Mängel bei der Landwirtschaftskammer für „inakzeptabel“: „Die Finanzgebarung der Landwirtschaftskammer muss selbstverständlich einwandfrei und lupenrein sei“, so Zadra. Die Gelder müssten so verwendet werden, dass die Ziele der Ökoland-Strategie des Landes erreicht werden könnten.

„Die Liste der Kritikpunkte und daraus resultierender Empfehlungen ist derart lange, wie ich es selten bei einem Rechnungshofbericht erlebt habe“, sagte NEOS-Landwirtschaftssprecherin Martina Pointner. Der Bericht bestätige den Eindruck, den sie in den letzten Jahren vom Aufgabenbereich Landwirtschaft gewonnen habe. Jetzt müssten die Mängel umfassend aufgearbeitet werden.

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