„Kritik an Seestadt kommt reichlich spät“

Eine Initiative von Architekten und Kulturschaffenden kritisiert das geplante Bregenzer Seestadt-Projekt scharf. Es zerreiße die Stadt. Für Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) und Projektplaner Prisma kommt die Kritik reichlich spät.

Die Baupläne haben die Investoren rund um den Projektentwickler Prisma zwar bereits eingereicht, und das Bauverfahren läuft. Es sei aber noch nicht zu spät, sagen die Architekten Andreas Curkowicz und Markus Thurnher als Vertreter der unabhängigen Initiative. Die Problematik sei ihnen nach einer Veranstaltung der Zentralvereinigung der Architekten bewusst geworden. Das geplante Gebäude zerreiße die Stadt und sauge die Menschen aus der Stadt in ein Shoppingcenter.

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„Die Seestadt zerstört Bregenz“

Die Initiative spart nicht mit Kritik: „Die Seestadt zerstört Bregenz“, sagen sie - etwas spät, sagen der Bregenzer Bürgermeister und der Projektplaner.

„Kaufkraft an sich ziehen und nichts zurückgeben“

Geplant sei ein 230 Meter langes Einkaufszentrum mit einem Eingang und einem Ausgang, das den öffentlichen Raum völlig ignoriere, sagt Thurnher. Gerade die Kleinteiligkeit und der öffentliche Raum definierten aber eine Stadt und machten die Qualität von Bregenz aus.

Die Idee einer Mall sei, dass die Menschen drinnen seien und nicht davor, sagt Cukrowicz - so solle sie alle Kaufkraft an sich ziehen und nichts zurückgeben. Das geplante Gebäude drehe Bahnhof und See den Rücken zu - ohne Gehsteig, ohne Fahrradweg und ohne öffentlichen Eingang, nur „trostlose LKW-Anlieferung“, so die Initiative in einer Aussendung, anstelle eines attraktiven Stadteingangs. Die Rückseite sei bewusst unattraktiv gehalten und werde dem Verkehr geopfert, so Cukrowicz.

Kritik auch an Seespange

Auch die geplante Brücke, die sogenannte Seespange, könne See und Stadt oder Stadt und Bahnhof kaum verbinden: Sie beginne seeseitig ebenerdig und werde auf der Stadtseite auf Höhe des zweiten Obergeschosses vom Einkaufszentrum abgeschnitten, erklärt Cukrowicz. Von dort müsse man per Lift oder Treppe wieder hinunter, wahrscheinlich aus sicht der Betreiber mit dem Ziel, möglichst viele Kunden abzuziehen. Das sei handelsstrategisch verständlich, aus stadtplanerischer Sicht aber eine „totalamputierte Situation“.

„Kritiker hatten über sieben Jahre Zeit“

Für den Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) und Bernhard Ölz von der Prisma-Unternehmensgruppe kommt diese Kritik reichlich spät. Während der gesamten Entwicklung - immerhin mehr als sieben Jahre - habe es Möglichkeiten gegeben, Kritik und Anregungen einzubringen. Zudem sei die Entwicklung auf Grundlage eines öffentlich bekannten Masterplans erfolgt, so Linhart. Jetzt sei der Prozess unter anderem auf Grundlage eines Bürgerverfahrens so gut wie am Ziel und auch rechtlich abgesichert, sagt Linhart.