Hämmerle: „Mitterlehner außer Rand und Band“

Mit ungewohnt scharfer Kritik reagiert der Vorarlberger Arbeiterkammer-Präsident Hubert Hämmerle auf die Grundsatzrede von Parteikollege und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Dieser sei „außer Rand und Band“, so Hämmerle.

Wer der gesetzlichen Arbeitszeit-Flexibilisierung das Wort rede und auf die sozialpartnerschaftlich ausverhandelten Kollektivverträge pfeife, habe sich schon lange vom fairen Interessensausgleich verabschiedet, so Hämmerle. Mitterlehner sei „außer Rand und Band“, so Hämmerle weiter, eigentlich müsse man ihn zum Rücktritt auffordern. Aber Mitterlehner preise sich der Wirtschaft an, weil er wohl bald ohnehin einen neuen Job brauche.

Er wolle „das Land nach vorne bringen“, hatte Mitterlehner in seiner Grundsatzrede am Freitag verkündet. „Das einzige, was der Vizekanzler nach vorne bringt, ist die ÖVP. Nämlich genau um einen Buchstaben. Aus der ÖVP wird unter Mitterlehner die ÖWP – die österreichische Wirtschaftspartei", kritisiert Hämmerle in einer Aussendung.

„Nur in Richtung Wirtschaft geredet“

Die Arbeitnehmer kämen in den Ausführungen Mitterlehners nicht vor, es werde nur in Richtung Wirtschaft geredet, „das stört mich“, fügt Hämmerle im Interview mit ORF-Redakteur Bernt Koschuh hinzu. Es gebe Themen, von denen beide Seiten profitieren, aber beispielsweise bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit gehe es auch um 12-Stunden-Arbeitstage. „Kein Mensch kann 12 Stunden lang konzentriert arbeiten“, so Hämmerle, das gehe auf Kosten der Gesundheit der Arbeitnehmer.

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AK-Präsident Hubert Hämmerle im Gespräch mit ORF-Redakteur Bernt Koschuh.

Massive Kritik auch aus Tirol

Nicht milder urteilt der Präsident der Tiroler Arbeiterkammer, Erwin Zangerl (ÖVP). Mitterlehner wolle die Volkspartei wohl endgültig von den Arbeitnehmern abspalten: „Wenn die Inhalte dieser Rede Mitterlehners die künftige Sicht der ÖVP darstellen, dann muss einem bei so viel ‚Mut‘ wirklich Angst um die Volkspartei, aber auch um das Land werden“, meint er in einer Aussendung. Zangerl erinnert den Wirtschaftsbündler Mitterlehner an ein Schreiben namhafter AAB/FCG-Politiker: „Wir haben den Vizekanzler mehrfach davor gewarnt, den Bogen nicht zu überspannen.“

Lob vom Wirtschaftsbund

Sarkastisch antwortet Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner auf die Kritik der schwarzen AK-Präsidenten an der wirtschaftspolitischen Rede von Parteichef Reinhold Mitterlehner: „Ich freue mich, dass es sich nach so vielen Jahrzehnten bis in die Arbeiterkammern Tirol und Vorarlberg durchgesprochen hat, dass die ÖVP die einzige Partei in Österreich ist, die sich um die Wirtschaft kümmert.“

Die Ansage von Vizekanzler Mitterlehner, dass Wohlstand und Arbeitsplätze nur durch eine kraftvolle Wirtschaft gesichert werden könnten, sei absolut richtig, betont Haubner. Österreich brauche jetzt Flexibilisierung der Arbeitszeit, Senkung von Steuern und Abgaben und Impulse für Investitionen. Wie Haubner im Gespräch mit der APA unterstreicht, säßen Arbeitnehmer und Unternehmer in einem Boot, da es um die Schaffung von Arbeitsplätzen gehe. Mitterlehners Rede sei nicht neo-liberal gewesen sondern es sei um Maßnahmen gegangen, die den Standort stärkten.

Mitterlehner: Globalisierung als Chance sehen

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hatte bei seiner Grundsatzrede am Freitag unter anderem dafür plädiert, die Globalisierung als Chance und nicht als Risiko zu begreifen. Inhaltlich forderte der VP-Chef eine Arbeitszeitflexibilisierung per Gesetz, eine Ökologisierung des Steuersystems, Studiengebühren und eine Lehrlingsausbildung für erwachsene Flüchtlinge.

Österreich müsse ein Land sein, „das Globalisierung als Chance und nicht als Bedrohung sieht“, forderte Mitterlehner. „Nicht glauben, dass der Staat alle Probleme aussperren kann, nicht warten, bis der Staat etwas tut“, so der VP-Chef - passend zum hinter ihm auf einem Großbildschirm prangenden Motto der Veranstaltung „Nur Mut bringt uns weiter“.

Arbeitszeitflexibilisierung per Gesetz

Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wünscht sich Mitterlehner einer Senkung der Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne und eine Lohnnebenkostensenkung. Im Gegenzug kann sich der VP-Chef eine Ökologisierung des Steuersystems (sprich: höhere Energiesteuern) vorstellen - allerdings nur „im internationalen Gleichklang“, wie er versicherte.

Außerdem deponierte Mitterlehner die Forderung nach einer Arbeitszeitflexibilisierung per Gesetz - mit der Möglichkeit von Sondervereinbarungen auf Betriebsebene. „Deswegen brauchen wir das direkt im Gesetz, nicht in 900 Kollektivverträgen“, so der Vizekanzler. „Wir müssen dann arbeiten, wenn die Arbeit anfällt. Unser Motto: Arbeit, die zum Leben passt, nicht umgekehrt.“