Wahlkarten-Richtlinien für Sozialorganisationen

Nach der Wahlkarten-Affäre in Bludenz haben zwei Sozialorganisationen Richtlinien herausgegeben, wie die Mitarbeiter mit Wahlkarten für betagte, betreute oder geistig eingeschränkte Personen künftig umgehen sollen.

Die Wahlkarten-Affäre in Bludenz hat seine Spuren hinterlassen. Laut Wirtschaftspresseagentur hat die Caritas nach den fragwürdigen Vorgängen bei der Wahlkarten-Beschaffung für betreute Heimbewohner durch ÖVP-Wahlkämpfer eine strenge Richtlinie herausgegeben. Und auch SeneCura habe nach dem Besuch der Kriminalpolizei den Umgang mit Wahlkarten für Bewohner klar geregelt. Die in den vergangenen Jahren oft gelebte Praxis, bei der rechtliche Vorgaben bei der Wahlkarten-Besorgung für betreute Personen in Sozialeinrichtungen eher entspannt gesehen wurden, soll damit der Vergangenheit angehören.

Caritas: „Man habe aus der Vergangenheit gelernt“

Caritas-Richtlinie für Wahlkarten

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In Zukunft werde sich die Caritas zurückhalten, sie wolle nichts falschmachen, man habe aus der Vergangenheit gelernt, sagt Peter Klinger, Fachbereichsleiter der Abteilung „Menschen mit Beeinträchtigung“ gegenüber der Wirtschaftspresseagentur. Solche Hilfsdienste wie die Beschaffung von Wahlkarten soll es in Zukunft nicht mehr geben. In der Caritas-Richtlinie heißt es: „Wahlkarten werden in keinem Fall durch die Caritas angefordert und MitarbeiterInnen der Caritas beteiligen sich auch in keiner anderen Weise am Wahlvorgang per Wahlkarte (z.B. Hilfe beim Ausfüllen des Wahlzettels). Von den MitarbeiterInnen ist alles unbedingt zu unterlassen, was über eine allgemeine Information hinausgeht.“ Diese mehrere Punkte umfassende Richtlinie habe man laut Klinger in Zusammenarbeit mit den Vorarlberger Landeswahlbehörden erarbeitet.

ÖVP-Wahlkämpfer organisierte Wahlkarten

Aufgrund der neuen Richtlinie seien Vorgänge wie bei der ersten Bludenzer Stichwahl zukünftig gar nicht mehr möglich. Laut Vernehmungsprotokollen der Staatsanwaltschaft Innsbruck habe ein Bludenzer ÖVP-Mitglied bis zu 17 Wahlkarten für die Bewohner in einem Bludenzer Caritas-Wohnheim als Bevollmächtigter organisiert, heißt es bei der Wirtschaftspresseagentur. Dies soll in Absprach mit seiner Frau geschehen sein, die bei der Caritas arbeitet. Die Vollmachten seien jedoch erst im Nachhinein eingeholt worden.

Richtlinie: Keine Wahlempfehlungen erlaubt

In der neuen Richtlinie heißt es auch, dass die Caritas gegenüber betreuten Personen keine Wahlempfehlung abgeben darf. Man biete aber Hilfestellung an, wenn es um den Besuch der Wahllokale geht. Zudem kümmere man sich um eine „fliegende Wahlkommission“, wenn betreute Menschen in Caritas-Einrichtungen ein externes Wahllokal nicht aufsuchen können.

SeneCura: Fehler zu spät gemerkt

Neben der Caritas hat auch eine zweite Sozialorganisation ihre Lehren aus der Wahlkarten-Diskussion gezogen. Dabei geht es um die SeneCura, die allein in Vorarlberg an sechs Standorten rund 340 pflegebedürftige Menschen betreut. Allerdings wurde dies nicht durch zumindest zweifelhafte Vorgänge wie im Bludenzer Caritas-Wohnheim ausgelöst, heißt es bei der Wirtschaftspresseagentur, sondern durch die späte Erkenntnis, dass es rechtlich nicht zulässig sei, dass Personen für andere Personen eine Wahlkarte beantragen. Diese dürfte lediglich mittels Vollmacht abgeholt werden.

Sammelbestellung als Serviceleistung

Wolfgang Berchtel, Leiter der SeneCura in Vorarlberg, erklärt, dass es seit vielen Jahren so gelaufen sei, dass die SeneCura als eine Art Serviceleistung für ihre Heimbewohner eine Sammelbestellung für Wahlkarten an die Wahlbehörde geschickt habe. Die Bestellung erfolgte jedoch nicht persönlich, sondern durch das Sekretariat, das sei falsch gewesen. Aufgrund dieser Vorgänge sei Berchtel rund um die Stichwahlen in Bludenz und Hohenems auch von der Kriminalpolizei befragt worden.

Aufgrund der neuen Erkenntnisse rund um die beiden Bürgermeister-Stichwahlen habe man im Anschluss eine klare interne Regelung für alle Mitarbeiter und Heimbewohner an SeneCura-Standorten für ganz Österreich herausgegeben. Diese sieht vor, dass die SeneCura keinerlei Hilfs- oder Serviceleistungen mehr rund um die Organisation von Wahlkarten übernimmt. Die Bewohner erhalten lediglich gleichzeitig mit ihren Angehörigen die Information, dass Wahlen anstehen und man sich nach Wunsch Wahlkarten organisieren kann.