Ärztemangel: Uni-Aufnahmeprüfungen schuld?

In manchen Vorarlberger Städten und Gemeinden ist der Ärztemangel bereits Realität: In Bludenz, Lustenau und Thüringen finden sich keine Interessenten für die Hausarzt-Kassenstellen. Ein Grund seien die Medizin-Aufnahmeprüfungen.

Überfüllte Wartezimmer, Patienten im Minutentakt, kaum Freizeit - Hausärzte genießen keinen guten Ruf mehr, zumindest nicht unter jungen Medizinstudenten, sagt Burkhard Walla von der Vorarlberger Ärztekammer. Viele würden sich unter einem Allgemeinmediziner jemanden vorstellen, der Tag und Nacht für seine Patienten erreichbar sein soll.

Die Attraktivität des Berufs müsse den jungen Kollegen wieder deutlich gemacht werden, derzeit seien nämlich tatsächlich wenige Interessenten für Allgemeinmedizin zu finden, so Walla.

Aufnahmeprüfungen als Problem?

Schwer zu finden seien aber auch Medizinstudenten aus Vorarlberg ganz allgemein. Häufig seien es nämlich Vorarlberger, die sich nach dem Studium im Land niederlassen würden. Nur werden die Vorarlberger Medizinstudenten weniger, sagt Walla: „Durch die Zugangsbeschränkungen zur Uni sind deutlich weniger Vorarlberger Medizinabgänger - und wir erleben auch, dass die Abgänger aus der Medizin ungefähr zu einem Drittel in Österreich nicht mehr auftauchen im System, was schon erhebliche Probleme macht.“

Mehrere Gemeinden betroffen

Probleme, wie sie aktuell in Lustenau, Bludenz und Thüringen auftreten, wo offene Kassenarztstellen einfach nicht nachbesetzt werden können. Mehrfach wurden die Stellen ausgeschrieben, Interessenten haben sich aber nicht gemeldet.

Lustenaus Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP) macht auch die Zugangsbeschränkungen der Unis dafür verantwortlich: „Es gibt junge Vorarlberger und Vorarlbergerinnen mit Topzeugnissen, die gehen nach Tübingen studieren die fehlen unserem System, weil sie sich das nicht antun wollen mit diesen Aufnahmeprüfungen“.

Krisensitzung in Lustenau

Fischer hat sich Anfang der Woche mit den verbliebenen Hausärzten zu einer Krisensitzung getroffen. Aktuell könnten diese Ärzte die Lücke noch füllen, aber die langfristige Versorgung sei derzeit nicht gesichert.

Fischer spricht von einem „systemischen Problem“ das man nicht in einer Einzelgemeinde lösen könne. Man könne höchstens Anreize schaffen, um im Wettbewerb mit den anderen Gemeinden die Nase vorne zu haben, sagt Fischer. „Aber das kann ja nicht die Lösung sein, dass wir da in einen Wettbewerb gehen, die zu wenigen Ärzte dann irgendwie in die eigene Ortschaft zu locken.“

Stellen werden nun breiter ausgeschrieben

Einen Ärztemangel gebe es jedenfalls, ist auch Burkhard Walla überzeugt. In Zentralen oder an Schreibtischen könne man andere Berechnungen anstellen, „aber im richtigen Leben haben wir die Leute nicht, die wir brauchen.“ Um trotzdem Bewerber für die Stellen in Bludenz, Lustenau und Thüringen zu finden, werde die Ärztekammer die Stellen nun im gesamten deutschsprachigen Raum ausschreiben.

Grüne fordern Primary Health Care Zentren

Um das Problem zu beseitigen, schlägt der grüne Gesundheitssprecher Christoph Metzler die Einrichtung von Primary Health Care Zentren vor. In solchen Zentren würden dann verschiedene Ärzte und Experten aus dem Gesundheitsbereich zusammenarbeiten. Damit könnten Spitalsambulanzen entlastet werden, so Metzler.

Es fehle allerdings noch die gesetzliche Grundlage: "Bund, SozialversicherungsträgerInnen und Ärztekammer sind gefordert ein bundesweites Primärversorgungsgesetz zu schaffen, um Primary Health Care Zentren bundesweit zu ermöglichen“, so Metzler.

SPÖ: Pensionierungswelle steht bevor"

Auch SPÖ-Gesundheitssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger hält Primärversorgungszentren für probate Mittel, dem Ärztemangel entgegenzuwirken. „Primärversorgungszentren würden die hohe Anzahl an anstehenden Pensionierungen bei den Hausärzten abfedern“, so Sprickler-Falschlunger.

Es sei wichtig, schnell zu handeln, „ansonsten ist die Sicherheit der Versorgung der Patientinnen und Patientinnen nicht ausreichend gesichert“, sagt Sprickler-Falschlunger. Wegen der fehlenden Hausärzte würden die Menschen in die Spitäler strömen. Und: Die jetzige Situation sei nur ein Vorgeschmack, die großen Pensionierungswellen würden erst bevorstehen, warnt die Sozialdemokratin.