„Wenig Wahlbeteiligung kein schlechtes Zeichen“

Für Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle ist eine geringe Wahlbeteiligung wie in Vorarlberg nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. Sie könne auch einfach auf hohe Zufriedenheit hindeuten.

Dass die Wahlbeteiligung im Westen traditionell deutlich niedriger ist als im übrigen Österreich, kann für Stainer-Hämmerle - aus Lustenau stammende Politik-Professorin an der Fachhochschule Klagenfurt - einfach bedeuten, dass die Zufriedenheit in Vorarlberg höher ist als in anderen Bundesländern - oder umgekehrt betrachtet: dass es an Emotion und Konflikt fehle. Die Regierung erledige vieles „pragmatisch und zügig“.

Generell sei eine hohe Wahlbeteiligung nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal einer Demokratie, weil viel davon auf Konflikt deute. So gesehen sei es fast besser, wenn die Wahlbeteiligung niedrig bleibe - unter der Voraussetzung, dass die Wahlenthaltungen in allen gesellschaftlichen Schichten ausgewogen seien.

Lob für schwarz-grüne Regierungsarbeit

Die Arbeit der schwarz-grünen Regierung, die in Vorarlberg seit Oktober 2014 arbeitet, lobt die Politologin als „sehr konstruktiv“. Beide Parteien könnten auch nur gewinnen, wenn sie eine gemeinsame positive Regierungsbilanz vorlegen könnten. Die Bevölkerung erwarte sich einfach, dass gearbeitet werde.

Die Grünen als Juniorpartner hätten es allerdings etwas schwerer, den Rollenwechsel zu vollziehen und auch Projekte für sich zu verbuchen. Während der Legislaturperiode sei es nicht so wichtig, wer als treibende Kraft bei politischen Projekten angesehen werde - im Landtagswahlkampf 2019 müssten die Grünen aber einige Leuchtturm-Projekte für sich reklamieren können, so Stainer-Hämmerle. Ein solches Projekt sei zweifellos der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs.

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Stainer-Hämmerle zur Vorarlberger Politik

Bruno Schratzer hat mit Kathrin Stainer-Hämmerle über die Vorarlberger Politiklandschaft gesprochen.

„Wahrheit, Fiktion und Propaganda kaum zu trennen“

Für viel Verunsicherung sorgen derzeit Terror und Amokläufe in Europa und auch eine gewisse Angst vor „Überfremdung“. Wissenschaftler kritisieren Alarmismus über die Medien: Man ist bei jedem Konflikt und Anschlag quasi live dabei, mit journalistisch ungefilterten Bildern und Pseudo-Informationen auch über die Sozialen Medien.

Wahrheit, Fiktion und Propaganda sind kaum mehr zu trennen, sagt Katrin Stainer-Hämmerle. Zudem hätten Migrations-Ströme immer zu großen Unsicherheiten geführt. Und als dritten Faktor sieht sie auch Mängel in den politischen Systemen und Parteien in Europa. Die Annahme, dass Politik der Kampf der Interessen wäre, sei heute überholt, Ziele müssten viel stärker Konsens und Zusammenarbeit sein. Auch das historisch entstandene Parteiensystem habe dann keine solche Berechtigung mehr, weil Konflikte wie Arbeit - Kapital, Stadt - Land, Ökologie - Ökonomie unsere Perspektiven nicht mehr so beherrschen würden wie früher.

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Audio: Katrin Stainer-Hämmerle im Gespräch mit Erik Sandner

Bundespräsidentenwahl: Keine Prognose

Wer im Bundespräsidenten-Stichwahlkampf von der aktuellen Situation der Verunsicherung profitiere, sei völlig offen - tendenziell nütze solche Stimmung dem FPÖ-Kandidaten. Aber: Eine sehr siegessichere FPÖ könnte auch wieder Alexander Van der Bellen helfen, meint Stainer-Hämmerle. Es werde sicher spannend, und es sei aus heutiger Sicht noch nicht absehbar, wer dann wirklich die Nase vorn habe.