Adnan Dincer: „Schlechte Demokratie besser als Putsch“

Mit der Beendigung des Militär-Putsches in der Türkei hat für Arbeiterkammer-Rat Adnan Dincer die Demokratie gesiegt. In der Nacht auf Samstag hatten in Wolfurt knapp 600 Menschen gegen den Putsch-Versuch von Teilen des Militärs in der Türkei protestiert.

Vor dem türkischen Generalkonsulat in Wolfurt versammelten sich am Samstagmorgen gegen 0.30 Uhr nach Polizei-Angaben etwa 500 bis 600 türkisch-stämmige Personen und schwenkten türkische Fahnen. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte in der Nacht zu Demonstrationen gegen den Putsch-Versuch aufgerufen.

Die etwa zweistündige Versammlung in Wolfurt sei völlig friedlich und ohne Zwischenfälle verlaufen, sagt der stellvertretende Polizeidirektor Walter Filzmaier. Dennoch beobachtet die Polizei die Situation in Vorarlberg weiter, sie stehe in Kontakt mit verschiedenen Gruppierungen, die Bezug zur Türkei haben. Derzeit sei aber alles ruhig, so Filzmaier. Bis zu 40 Polizisten waren bei der Demonstration im Einsatz.

Adnan Dincer: „Demokratie hat gesiegt“

Zu den Teilnehmern der Demonstration gehörte auch der Vorsitzende der Arbeiterkammer-Fraktion „Neue Bewegung für die Zukunft“ und einer der führenden Köpfe in der türkischen Community in Vorarlberg, Adnan Dincer. Aus seiner Sicht hat die Demokratie in der vergangenen Nacht in der Türkei gesiegt. Das Volk auf der Straße zeige, dass die Demokratie in der Türkei die Macht habe und nicht wie früher das Militär oder Teile des Militärs die Macht ausüben könnten.

„Schlechte Regierung besser als Militärputsch“

Auch wenn die türkische Regierung und Präsident Erdogan vor allem in Sachen Menschenrechte und Demokratiedefiziten immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, sagt Dincer: „Eine schlechte Demokratie ist besser als ein Militärputsch.“ Eine „schlechte Regierung, von Erdogan oder einem anderen, ist immer noch besser als ein Putsch, der das Land um Jahrzehnte zurückwirft“, so Dincer. Es gehe ihm um die Demokratie und nicht um Erdogan, so Dincer, so hätten an der Demonstration auch nicht nur Anhänger des türkischen Präsidenten teilgenommen.

Putschisten wollten „Demokratie wieder herstellen“

In der Nacht und am Morgen kam es in der Türkei zu blutigen Auseinandersetzungen, nachdem Teile des Militärs erklärt hatten, die Macht im Land übernommen zu haben. Mit dem Putsch sollten die verfassungsmäßige Ordnung, die Demokratie und die Menschenrechte wieder hergestellt werden, teilte Teile des Militärs nach Angaben der privaten Nachrichtenagentur DHA mit.

Die Regierung geht gegen die Putschisten mit aller Härte vor, es gibt zahlreiche Tote sowohl unter den Putschisten als auch unter Zivilisten - mehr zur aktuellen Lage bei news.ORF.at. Am Samstag erklärte die Regierung den Putsch für gescheitert. Zahlreiche Militärangehörige wurden als mutmaßliche Putschisten festgenommen, Erdogan bezeichnete den Putsch als „Geschenk Gottes“, das die „Säuberung des Militärs“ beschleunige. Auch zahlreiche Richter wurden entlassen.

Abraten von Reisen nach Istanbul und Ankara

Die Reisebüros weisen darauf hin, dass bis inklusive Montag alle Flüge in die Türkei kostenlos storniert werden können. Eine generelle Reisewarnung durch das Außenministerium für die Türkei gibt es nicht. Es wird aber bei allen Reisen nach und innerhalb der Türkei größte Vorsicht empfohlen. Von derzeit nicht notwendigen Reisen nach Istanbul und Ankara rät das Außenministerium dezidiert ab.

Die Lage in den Badeorten an der türkischen Riviera wird als stabil bezeichnet, dennoch wird empfohlen, die Club- und Hotelanlagen nicht zu verlassen. Bei den An- und Rückreisen sei weiterhin mit Verzögerungen zu rechnen. Zahlreiche Österreicher - auch Vorarlberger - saßen am Samstag an Flughäfen fest - mehr zum Thema bei news.ORF.at.

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Im „Vorarlberg heute“-Beitrag zu Wort kommen Adnan Dincer (Arbeiterkammer-Rat), Walter Filzmaier (Stellvertretender Landespolizeidirektor) und Klaus Herburger (Sprecher der Reisebüros).

4.000 Erdogan-Anhänger bei Demo in Wien

Auch in Wien demonstrierten laut Polizei rund 4.000 Menschen zunächst vor der türkischen Botschaft in der Prinz-Eugen-Straße, von wo sie dann in Richtung Stephansplatz zogen. Kurz nach 3.00 Uhr früh löste sich die Versammlung auf, wie ein Polizei-Sprecher der APA sagte. Die Kundgebung sei friedlich verlaufen. Die Schlachtrufe seien „Pro Erdogan“ gewesen.