Sachwalterschaft in der Kritik

An der Sachwalterschaft wird Kritik geübt. Wenn die Sachwalterschaft von Anwälten übernommen wird, gehe es oft um ein Geschäft. Angehörige würden zu wenig einbezogen. Experten hoffen auf die vom Ministerium versprochene Reform.

Wenn Menschen eine geistige Behinderung haben, psychisch krank oder dement sind, brauchen sie einen Sachwalter. Dieser regelt alle rechtlichen und finanziellen Geschäfte. Zuletzt hatte Bundesvolksanwältin Gertrude Brinek einmal mehr die Art und Weise kritisiert, wie Sachwalter ihre Aufgaben erfüllen. Vor allem dann, wenn es nicht Angehörige des Betroffenen sind sondern Rechtsanwälte. Diese würden das Geschäft wittern, Angehörige beziehe man kaum ein. Das sieht man zum Teil auch in Vorarlberg so. Auch hier hofft man auf die vom Ministerium versprochene Reform.

Bis zu drei Beschwerden wöchentlich

Den Pensionistenverband in Vorarlberg erreichen wöchentlich zwei bis drei Beschwerden über Sachwalter. Die Fälle sind unterschiedlich, schildert Erich Degasperi. Etwa behauptet ein Betroffener, sein Sachwalter gebe ihm nur 80 Euro zum Leben.

Extreme Streitfälle gebe es, wenn viel Vermögen vorhanden ist. Dann würden manchmal Familienverbände streiten. Allerdings haben Angehörige bei der Bestellung von Sachwaltern keine Parteistellung und derzeit auch kein Rechtsmittel dagegen. Das sollte man unbedingt ändern, fordert Degaspari.

Mitsprache der Angehörigen

Mehr Mitsprache der Angehörigen ist prinzipiell wünschenswert räumt auch Günter Nägele, der Leiter der Sachwalterschaft-Stelle beim IFS ein. Ein umfassendes Mitspracherecht sei aber nicht möglich. Man müsse sehr vorsichtig sein. Es gebe auch Menschen, die ihren Angehörigen keinen Blick in Kontostände und Vermögensverhältnisse gewähren wollen. Söhne und Töchter sollen in solchen Fällen auf Abstand gehalten werden. Auch hier werden Eigeninteressen unterstellt, diesmal nahen Verwandten.

In den aktuellen Reformpapieren sei jedenfalls mehr Mitsprache angedacht und Rechtsmittel gegen die Beschlüsse. Wie die Bundesvolksanwältin halten es Degasperi und Nägele auch für problematisch, wenn zu schnell Rechtsanwälte als Sachwalter bestellt werden. Degasperi meint, bei großen Vermögen und Immobilienbesitz sei dies der Fall.

Vereinssachwalterschaft eine andere Möglichkeit

Besonders problematisch sei das aber in Wien, sagt Günter Nägele vom IFS. Denn in Vorarlberg würden in etwa 70 Prozent Angehörige als Sachwalter fungieren, zu 26 Prozent das IFS und nur zu vier Prozent Rechtsanwälte. Er fordert mehr Ressourcen für Vereinssachwalterschaften, um Rechtsanwälte zurückzudrängen.

Überhaupt -so Nägele und Degasperi- solle man, wenn möglich, auf Anwälte verzichten. Dazu gibt es derzeit ein Pilotmodell - ein so genanntes Clearing-Verfahren. Dabei schaut man zuerst, ob ein Sachwalter wirklich notwendig ist oder ob es Alternativen gibt. Dann sucht man gemeinsam mit Angehörigen, wer diese Arbeit übernehmen könnte und nur als letztes Mittel werden Vereinssachwalter oder Anwälte eingesetzt. Beim IFS und beim Pensionistenverband geht man davon aus, dass dieses Modell durch die Reform verpflichtend wird. In Kraft treten dürfte die Reform allerdings erst 2018.

Vermeidung von Sachwalterschaft

Um eine Sachwalterschaft überhaupt zu vermeiden regt der Pensionistenverband an, mehr eine sogenannte Vorsorgevollmacht zu nutzen. Dabei erteilt man vorab einer Person seines Vertrauens die Vollmacht, bei Verlust der Handlungs- und Geschäftsfähigkeit die Geschäfte zu führen. So könne man sich eine Sachwalterschaft ersparen und könne noch solange man geistig fit ist, sich selbst einen Verwalter bestellen. Allerdings kritisiert der Pensionistenverband die hohen Kosten dieser Vollmacht von bis zu 800 Euro. Für die Vollmacht ist ein Notar und Gericht erforderlich und dort fallen Gebühren an.