Juristen: Rosenkriege sollen weniger werden

Vorarlberger Juristen plädieren dafür, das sogenannte „Verschuldensprinzip“ in Scheidungsverfahren abzuschaffen. Damit würde man möglichst wenig Anlass zu Rosenkriegen bieten, argumentieren die Experten.

Wenn es in einem Scheidungsverfahren um das Verschulden geht, müssen Fragen geklärt werden wie: Wer hat wem was angetan, wer ist wann und wo fremdgegangen?

Birgitt Breinbauer, Präsidentin der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer, zeigt sich von diesem Prozedere wenig begeistert: Es sei überholt und mache wenig Sinn, „dass Menschen, die lange Zeit miteinander verbracht haben, dann ihre gesamte Ehe bei Gerichten ausbreiten“. Außerdem sei es für die Beteiligten „wirklich sehr belastend.“

Dreckwäsche waschen lohnt sich

Ähnlich urteilt Reinhard Huter, Richter am Bezirksgericht Feldkirch, über das Verschuldensprinzip im Scheidungsverfahren. Er meint, dass es eigentlich nur zu einem Rosenkrieg oder einer Schlammschlacht führe „und eigentlich mehr schadet als nutzt.“

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Verschuldensprinzip-Reform gefordert

Im Beitrag sehen Sie: Birgitt Breinbauer, Präsidentin Rechtsanwaltskammer; Reinhard Huter, Richter Bezirksgericht Feldkirch

Das Verschulden hat keinen Einfluss auf den Unterhalt für die Kinder oder das Obsorge- oder Besuchsrecht. Auf den Ehegatten-Unterhalt hat es allerdings sehr wohl einen Einfluss: Wer den Unterhalt will, muss das überwiegende Verschulden des Partners nachweisen. Es kann sich also bezahlt machen, vor Gericht tief in der sprichwörtlichen Dreckwäsche zu wühlen.

Richter Huter empfiehlt daher eine Neuregelung, die sich beim Unterhalt auf die Beantwortung von zwei wesentlichen Fragen beschränkt: Was braucht der eine Partner an Unterhalt? Und was kann sich der andere Partner leisten? Dadurch würde man sich laut Huter die rückblickenden Betrachtungsweisen sparen, bei denen es immer unterschiedliche Schilderungen und Sichtweisen gebe.

30 strittige Fälle pro Jahr

Aufpassen müsste man bei einer Abschaffung des Verschuldensprinzips allerdings, dass nicht noch mehr Frauen als bisher in die Altersarmut schlittern, betonen sowohl Huter als auch Breinbauer. Bei einer Scheidung kann mitunter der Verlust der pensionsrechtlichen Ansprüche drohen. Rund 95 Prozent aller Scheidungen laufen übrigens einvernehmlich ab. In etwa 30 Fällen pro Jahr wird über das Verschulden gestritten.