Internet größter Konkurrent für Handel

Das oberösterreichische Unternehmen CIMA hat im Auftrag des Landes Vorarlberg die Struktur des Einzelhandels und die Kaufkraftströme erhoben. Dabei zeigte sich, dass das Internet der größte Konkurrent für den heimischen Handel ist.

Neue Kaufkraftstudie

Ergebnisse der neuen CIMA-Studie über die Kaufkraftströme in Vorarlberg; Beitrag von Jürgen Peschina

In der aktuellen CIMA-Studie wurde der Online-Handel erstmals in die Erhebungen miteinbezogen - ebenso wie zentrale Handelsstandorte des Bregenzerwalds und Montafons. Es war die dritte derartige Analyse nach 2001 und 2009. Für die aktuelle Bewertung wurden unter anderem 16.540 Telefoninterviews in Vorarlberg und der nahen Umgebung geführt sowie Handelsunternehmer von 1.263 Betrieben befragt. In der Branchenmix-Erhebung wurden in den 15 Vorarlberger Zentralorten 1.881 Handelsbetriebe gezählt.

Kernaussage der Studie ist unter anderem, dass der Vorarlberger Einzelhandel enorm von der Stärke des Schweizer Frankens profitiert und es sehr gut schafft, die Kaufkraft im Land zu halten. Trotz einer regelrechten Explosion der Umsätze im Online-Handel ist die Kaufkraftbilanz hoch positiv und belief sich 2015 auf 115 Millionen Euro.

Neun von zehn Euro bleiben im Land

CIMA-Studienautor Roland Murauer führte am Donnerstag in einer Pressekonferenz gleich die gute Nachricht der Studie aus: 90 Prozent der Kaufkraft bleiben im Land - das sei ein österreichischer Spitzenwert. Im Klartext heißt das: Von zehn Euro werden neun in Vorarlberg ausgegeben.

Aufgeteilt nach Regionen gelingt das am besten im Raum Bludenz-Bürs und in Dornbirn. Aus dem Montafon und dem Bregenzerwald hingegen fließt gerade bei Waren des mittel- oder langfristigen Bedarfs viel Kaufkraft in die Ballungsräume ab. Insbesondere im Mode- und Sportartikelbereich fließe aus dem Montafon gehörig Kaufkraft nach Bludenz-Bürs und aus den Bregenzerwaldgemeinden nach Dornbirn und Bregenz, so Murauer. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Im Montafon oder Bregenzerwald bleiben nur etwa 73 Prozent der Kaufkraft der ansässigen Bevölkerung. Ballungszentren wie Bludenz-Bürs oder Dornbirn können fast 90 Prozent ihrer Kaufkraft binden.

317 Mio. Euro Kaufkraft aus dem Ausland

Der Analyse zufolge lag der Wert der wirksamen Kaufkraft in Vorarlberg 2015 bei zwei Milliarden Euro (plus 20 Prozent gegenüber 2009). Die Kaufkraftzuflüsse ins Land betrugen im vergangenen Jahr 317,2 Mio. Euro - das bedeutete einen Zuwachs um 59 Prozent gegenüber 2009. Dabei spülte insbesondere die Stärke des Schweizer Frankens viel Geld in die Kassen der Vorarlberger Handelsunternehmen. Gaben die Schweizer Nachbarn bei Einkaufsfahrten in Vorarlberg 2009 noch 43,3 Mio. Euro aus, so hat sich dieser Wert im Jahr 2015 auf 84,4 Mio. Euro beinahe verdoppelt. Liechtensteiner kauften für 22,7 Mio. Euro ein (2009: 9,7 Mio.).

Ebenfalls angestiegen ist der Anteil aus unregelmäßigen Einkaufsfahrten und aus Einkäufen von Touristen in Vorarlberg. Dieser lag im vergangenen Jahr bei 201,7 Mio. Euro (2009: 134,2 Mio.). Zurückgegangen sind hingegen die Ausgaben der deutschen Nachbarn, nämlich auf 7,1 Mio. Euro (2009: 12,2 Mio.). Eingekauft wurden und werden insbesondere Lebensmittel und Bekleidung.

Zehn Prozent zum Einzelhandelsumsatz trägt der Tourismus bei - das wäre aber nach Ansicht von Murauer durchaus noch steigerbar.

Online-Handel: Zahlen laut Murauer explodiert

Umgekehrt wurde zuletzt auch viel mehr Geld anderswo als in Vorarlberg ausgegeben - nämlich 202,2 Mio. Euro (plus 110 Prozent gegenüber 2009). Hauptverantwortlich für diesen Trend war der Online-Handel, der bezüglich Volumen von 38,2 Mio. Euro im Jahr 2009 auf aktuell 104,2 Mio. Euro explodierte, wie Murauer es schilderte. Von diesem Umsatz entfielen 60 Prozent auf österreichische Webseiten, 40 Prozent auf ausländische. Ebenfalls deutlich angewachsen ist der Abfluss nach Deutschland, nämlich von 28,7 auf 50,7 Mio. Euro.

Rüdisser mit Ergebnis zufrieden

Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) nannte den Internet-Handel als eine Herausforderung für die Zukunft. Dass Dornbirn weiterhin Handels-Leuchtturm in Vorarlberg ist, überrascht ihn nicht. Aber trotz dieser Spitzenstellung sei es sehr gut gelungen, eine regionale Verteilung zu erreichen, die auch in den anderen Bezirken eine hohe Kaufkraftbindung erlaube, zeigt sich Rüdisser zufrieden. Als wesentliches raumplanerisches Ziel sehe er, dass die Bevölkerung die Möglichkeit habe, ihre Bedürfnisse im eigenen Bezirk decken zu können.

Theresia Fröwis - Handelsobfrau in der Wirtschaftskammer Vorarlberg - fordert indes einmal mehr Angebotsvielfalt für die ländlichen Regionen und will auch über einige verkaufsoffene Sonntage diskutieren.

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