Wallner hält an Vorarlberger Weg fest
Über die gemeinsame Schule habe man „vor zwei, drei Jahren nicht einmal eine Diskussion in der Republik“ führen können, so Wallner am Samstag im „Vorarlberg heute“-Studiogespräch. „Jetzt geht diese Türe, eher eine Panzertüre, einen kleinen Spalt auf, wir drücken fest daran, und ich habe den Eindruck, die Diskussion ist nicht beendet, sondern in Wahrheit hat sie erst begonnen.“
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Markus Wallner im Studiogespräch
Landeshauptmann Markus Wallner hat am Samstag erstmals ausführlich Stellung zu den Bildungsreformvorschlägen der Bundesregierung genommen.
Der Reformvorschlag der Bundesregierung sieht bekanntlich vor, dass nicht mehr als 15 Prozent der Schüler und 15 Prozent der Schulstandorte an einer Modellregion zur Gemeinsamen Schule teilnehmen dürfen. Damit ist Wallner zwar nicht zufrieden, aber: Die Grenze müsse nicht in Stein gemeißelt sein. Jetzt werde erst im Parlament diskutiert, das werde man sich „in Ruhe“ anschauen. „Aber eines ist auch klar: Vorarlberg wird sich von seinem Weg in keinster Weise abbringen lassen.“
„Werden einen Schritt nach dem anderen setzen“
Die Vorbereitungszeit für die Einführung der Gemeinsamen Schule im Land betrage acht bis zehn Jahre. Diesbezüglich gebe es durchaus Dinge, die man anpacken könne. Die Ganztagesschule etwa führe „am Ende auch zu einer Gemeinsamen Schule, wenn man’s gut entwickelt“. Maßnahmen könne man auch in der Lehrerausbildung und -fortbildung setzen. Das seien viele kleine Schritte, die am Ende auch zu einer Gemeinsamen Schule führen würden. Hier solle man sich vom Bund nicht ausbremsen lassen, so Wallner.
Schon heuer investiere man 18 Millionen Euro in die Schulqualität: „Wir machen unsere Aufgaben und werden sehr konsequent einen Schritt nach dem anderen setzen.“
Auch positive Aspekte
Gleichwohl wollte Wallner die Bildungsreform nicht in Bausch und Bogen verdammen: „Ich glaube, man muss eine differenzierte Gesamtbeurteilung vornehmen.“ Als positiv bewertete er etwa die Vorschläge bei der Frühförderung, also den Bereich der Kindergärten und Volksschulen. In vielen Teilen trage dieser Bereich auch eine Vorarlberger Handschrift. Ebenso befürwortete Wallner die vorgesehene Schulautonomie.
Unterstützung erhält Wallner von ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. Es sei tragisch, wenn ein Landeshauptmann dafür kritisiert werde, dass er bei einem Jahrhundertprojekt wie der Bildungs-reform beim ersten Gegenwind den Kopf nicht gleich in den Sand stecke, sondern besonnen darauf verweise, dass wir auf Bundesebene eben einen langen Atem brauchen, so Frühstück.
Zadra sieht „sehr große Chancen“
Daniel Zadra, der Bildungssprecher der Vorarlberger Grünen, sagte in einer Reaktion auf die Äußerungen Wallners, das Vorarlberger Vorhaben werde von den Grünen als Vorzeigeprojekt für ganz Österreich gesehen. Diesen Eindruck habe er beim Grünen Bundeskongress in Villach gewonnen, wo es starken Rückenwind für die Vorarlberger Pläne gegeben habe.
Was die Umsetzung der Modellregion anbelangt, ist Zadra weiterhin zuversichtlich: Die Ausgangssituation sei „sehr, sehr gut“, schließlich gebe es einen einstimmigen Landtagsbeschluss zum Thema. Alle Akteure würden an dieser „klaren Vision“ gemeinsam arbeiten: „Daher sehe ich schon noch sehr große Chancen, dass wir das in den nächsten Wochen und Monaten doch noch ’rüberreißen" können, das Ruder.“
Egger: „Erwarte mir Durchsetzungsvermögen“
FPÖ-Klubobmann Dieter Egger betont das Problem, Pädagogen, Eltern und Experten für die Gemeinsame Schule zu motivieren, wenn am Ende nicht klar sei, ob sie überhaupt komme. Hier brauche es ein klares Signal aus Wien. „Und ich erwarte mir hier vom Landeshauptmann nicht nur irgendwelche Durchhalteparolen, sondern ich erwarte mir endlich einmal Durchsetzungsvermögen im Interesse des Landes.“
Was seine eigene Partei betrifft - die Bundes-FPÖ ist der Gemeinsamen Schule gegenüber skeptisch eingestellt - sagt Egger: „Ich habe die Zusage, dass meine Partei in Wien, auch wenn sie nicht zur Gemeinsamen Schule steht, trotzdem einer Modellregion Vorarlberg zustimmen würde.“
Sprickler-Falschlunger wirft Wallner Versagen vor
Die Bildungssprecherin der SPÖ, Gabi Sprickler-Falschlunger, findet angesichts der Aussagen des Landeshauptmanns deutliche Worte: „Die Schönrederei des Landeshauptmanns ist ein leicht durchschaubares Ablenkungsmanöver von seinem eigenen Versagen, das Vorarlberger Anliegen für eine Modellregion bei der Bundes-ÖVP durchzusetzen.“
Dass Wallner bestreite, dass die Bildungsreform das Aus für die Gemeinsame Schule in Vorarlberg bedeute, sei lediglich ein Versuch, „Eltern und LehrerInnen Sand in die Augen zu streuen“. Sie erwarte sich einen scharfen Protest des Landeshauptmanns in Richtung Bundes-ÖVP, so Sprickler-Falschlunger abschließend.
Insgesamt 19.700 Personen befragt
Im Mai wurden die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Gemeinsame Schule“ präsentiert. Dafür waren rund 19.700 Lehrer, Eltern und Schüler in Vorarlberg zum Ist-Zustand der Schule und zu Wünschen, wie es weitergehen soll, befragt worden. Das Ergebnis: Das zweigliedrige Schulsystem sei realitätsfremd. Experten forderten die Einführung der Gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen mit innerer Differenzierung - mehr dazu in Vorarlberg will Gemeinsame Schule umsetzen.
Im Vorarlberger Landtag sprachen sich schließlich alle Parteien für das Fernziel Gemeinsame Schule aus. Dazu sollte eine Modellregion in Vorarlberg errichtet werden - mehr dazu in „Gemeinsame Schule“ braucht Hilfe vom Bund. Mit den am Dienstag in Wien präsentierten Vorschlägen für eine Bildungsreform wurde dem Projekt zwischenzeitlich ein Riegel vorgeschoben: Die enthaltene 15-Prozent-Klausel bedeutet, dass nicht das ganze Bundesland eine Modellregion werden könnte - mehr dazu in Opposition über Reform: Mutlos und herzlos.