„Tractatus“-Preis an Ulrich Greiner

Der deutsche Literaturkritiker und ehemalige Feuilletonchef der Wochenzeitung „Die Zeit“ Ulrich Greiner wird mit dem Essay-Preis „Tractatus“ des Philosophicum Lech ausgezeichnet. Er erhält den mit 25.000 Euro dotierten Preis exemplarisch für sein Werk „Schamverlust“.

Greiner nähert sich in seiner Studie „Schamverlust. Vom Wandel der Gefühlskultur“ dem Gefühlskomplex von Schuld, Scham und Peinlichkeit unter philosophischen wie auch soziologischen Gesichtspunkten und greift dabei auf aktuelle Alltagsbeobachtungen ebenso zurück wie auf Beispiele aus der Literatur.

Das Buch sei „überaus vielschichtig und erhellend, anschaulich und anregend geschrieben“, in einer Zeit von Selfies, selbst gedrehten Youporn-Videos oder missglückten Facebook-Profilen treffe es den Nerv der Zeit, sagte Barbara Bleisch, eines der drei Jury-Mitglieder neben Franz Schuh und Michael Krüger. Krüger und Bleisch folgten in diesem Jahr Ursula Pia Jauch und Rüdiger Safranski als Juroren nach.

„Kulturgeschichte unseres Selbstverständnisses“

Greiner hüte sich aber davor, die verschiedenen Phänomene der Selbstdarstellung als Ausdruck einer moralischen Verwahrlosung auf die übliche Kulturkritik einzudampfen. Vielmehr bleibe er „seiner subtilen Analyse der Phänomene treu und fügt sie zu einer elegant geschriebenen und philosophisch profunden Geschichte unserer Schamkultur - und damit auch zu einer Kulturgeschichte unseres Selbstverhältnisses“, stellte Bleisch fest.

Greiner setzte sich mit seinem Werk gegen die deutschen Schriftsteller Michael Hagner, Lisa Herzog, Wolfgang Schivelbusch, Roberto Simanowski und Peter Trawny durch.

Vergabe am 18. September

Bisherige „Tractatus“ Preisträger sind Franz Schuh (2009), Kurt Flasch (2010), Norbert Bolz (2011), Herbert Schnädelbach (2012), Kurt Bayertz (2013) und Peter Bieri (2014). Vergeben wird die Auszeichnung am 18. September im Rahmen des Philosophicum Lech, das sich heuer in seiner 19. Auflage von 16. bis 20. September dem Thema „Neue Menschen! Bilden, optimieren, perfektionieren“ widmet.

Der privat finanzierte „Tractatus“-Preis - er gehört zu den höchstdotierten im deutschsprachigen Raum - wurde auf Anregung des Vorarlberger Schriftstellers Michael Köhlmeier ins Leben gerufen. „Prämiert werden herausragende deutschsprachige Publikationen, die philosophische Fragen in weiterem Sinne ambitioniert, doch allgemein verständlich diskutieren und unter anderem zentrale Themen der Zeit analysieren“, formulierte der wissenschaftliche Philosophicum-Leiter Konrad Paul Liessmann die Auswahlkriterien des Essay-Preises.