Pfarrer hält Kontakt zu Bettlern

Der evangelische Pfarrer von Dornbirn steht in gutem Kontakt zu den Notreisenden aus Rumänien. Die Stadt Dornbirn wird ihre Zusammenarbeit mit Sozialinstitutionen und Sicherheitsbehörden im Umgang mit Bettlern besser abstimmen.

Zu einem Treffen im Rathaus waren vergangene Woche Caritas, IFS, Kaplan-Bonetti-Haus, Evangelische Pfarre und Stadtpolizei zusammengekommen. Unstrittig ist, dass Betteln ein Menschenrecht ist. Betteln müsse grundsätzlich erlaubt bleiben, so Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (ÖVP). Dornbirn stelle eine Zunahme an Bettlern fest.

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Pfarrer Michael Meyer im Gespräch

Im „Vorarlberg heute“ Studiogespräch berichtet der evangelische Pfarrer Michael Meyer über seine Erlebnisse mit Bettlern.

Das Stadtbild verändere sich. Die Bevölkerung zeige sich verunsichert. Unbehagen steige vor allem wegen des Haus zu Haus -Bettelns. Die Bevölkerung wisse nicht, wie man sich verhalten solle. Nun soll Aufklärung folgen, so Kaufmann. Sowohl die Dornbirner Bevölkerung als auch die bettelnden Menschen müssten besser über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Dazu soll eine Info-Broschüre erarbeitet werden.

Pfarrer Meyer war erste Anlaufstelle

An Weihnachten 2014 stand zum ersten Mal ein junges Paar aus Ploiesti frierend vor der Tür des evangelischen Pfarrers in Dornbirn. Essen, Trinken und Aufwärmen reichten fürs Erste, doch als Notschlafstelle war der Pfarrhof dauerhaft nicht geeignet, so Pfarrer Michael Meyer.

Pfarrer Meyer kennt einige der in Dornbirn bettelnden Frauen und Männer. Er spricht Italienisch und kann sich deshalb gut mit ihnen unterhalten. Soweit Pfarrer Meyer erfahren konnte, stammen Dornbirns Bettler ursprünglich aus Rumänien. Sie nahmen offenbar den Umweg über Mailand nach Dornbirn. Zu Mailand hätten sie einen besonderen Bezug. Von dort reisten sie an und dorthin wollten sie auch wieder zurück.

Soviel man weiß, gehören Dornbirns Bettler zur Minderheit der Roma in Rumänien. In ihrer Heimat, der Stadt Ploiesti (60 Kilometer von Bukarest entfernt), sind sie an den Rand gedrängt: Keine Aussicht auf Arbeit, weil die Zuckerfabrik schloss, keine Wohnung, weil Überschwemmungen alles mitrissen. In Ploiesti wirkt auch Pater Georg Sporschill aus Feldkirch. Die Menschen leben in Elendsvierteln, „wo Straßen keine Namen mehr tragen“, im Schatten der Schlote, berichtet wienerzeitung.at.

Als EU Bürger nützen diese Menschen die Reisefreiheit wie andere auch. In ihrer Tradition ist die weitläufige Familie, der Sippschaftsverband, jenes Netz, auf das sie sich verlassen können, wie andere auf ihre Versicherung. Wenn mehrere Familien mit jeweils fünf Kindern auftreten, sind von vornherein zwanzig Personen im Zug, so Meyer, ohne dass dahinter eine Organisation vermutet werden müsse. Die Sippe ist patriarchalisch organsiert, der Oberste verwalte das Geld. Betteln ist ein Lebensstil, um sich über Wasser zu halten, so der evangelische Pfarrer. Manche suchen auch Haus- und Gartenarbeiten. „Die Leute sind unterschiedlich gestrickt.“

Bettel-Einnahmen geringer als oft angenommen

Pfarrer Meyer erläutert, das Betteln bringe für die Familienkasse etwas ein, aber nicht genug, um in einer Pension für 40-50 Euro zu übernachten. „Das geht nicht jede Nacht. Notfalls suchen sie trotzdem eine Pension. Fragt sich nur: Wer nimmt sie denn auf? Sehr groß sind die Einnahmen der BettlerInnen sowieso nicht. Wer sich im Höchstfall zehn Euro/Tag erwirtschaftet, kann sich nicht viel leisten. Ich habe nicht selten gemerkt, dass die Menschen an der Haustür versucht haben zu verbergen, dass sie nicht geduscht haben. Die hygienischen Verhältnisse sind teilweise katastrophal“, unterstreicht Meyer.

„Kein sicherheitspolitisches Problem“

Nicht nur Pfarrer Meyer ist überzeugt, dass Betteln kein sicherheitspolitisches Problem ist. Seine Bekannten seien in keinster Weise kriminell, betont Meyer. Vielleicht manchmal aufdringlich, räumt er ein, dennoch komme ihm die Reaktion der Stadtpolizei bisweilen „heftig“ vor. Eine Person wurde etwa 30 mal wegen „aggressiven Bettelns“ angezeigt, und von der Bezirkshauptmannschaft mit Strafen über jeweils 100 Euro belegt.

Häufig verstehen die Frauen und Männer diese Anzeigen nicht. Sie können kaum Lesen und Rechnen, sind aus der Volksschule nach zwei Jahren ausgeschieden und praktisch Analphabeten geblieben. Hier türmen sich mangelnde Bildung, Wohnungslosigkeit, Lücken in der Gesundheitsbetreuung zu einem Problem, bei dem die Armut Regie führe. Wie kann ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden? Pfarrer Meyer denkt an gezielte Sozialarbeit, dort, wo die Menschen sind, nämlich auf der Straße.

Sozialinstitutionen helfen Notreisenden

Inzwischen kümmern sich Caritas, Dowas und das Kaplan Bonetti-Haus um einige der Notreisenden. Die Schlafplätze reichen nicht aus, die Institutionen sind regelmäßig überlaufen. Es geht um Duschmöglichkeiten und auch ums Wäsche waschen. In anderen Städten wurden spezielle Notschlafstellen geschaffen: Salzburg, Graz und Innsbruck bieten Bettlern eine Basisversorgung.

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