Befragung zu Gemeindepolitik: Sympathie zählt

Gut fünf Monate vor der Gemeinderatswahl wurde Dienstagabend im ORF-Landesfunkhaus eine Studie zur Gemeindepolitik und ihrem öffentlichen Image präsentiert. Einer der wichtigsten Beweggründe für Wähler ist demnach der Sympathiewert eines Kandidaten.

27 Vorarlberger - aufgeteilt in drei Altersgruppen - wurden von der Werbe- und Kommunikationsagentur Team a5 zu verschiedensten Themen der Gemeindepolitik befragt - unter anderem über die Wahlmotive. Befragt wurden die Beteiligten in Diskussionsrunden, was den Vorteil habe, dass bei der Befragung stärker in die Tiefe gegangen werden könne als bei klassischen Fragebögen, sagte Studienautor Wolfram Auer vom Lustenauer Institut für Marketing und Marktforschung. „Nur“ 30 Befragte zu haben, ist laut Hanno Schuster, Kreativdirektor vom Team a5, repräsentativ - bei einer Studie mit Diskussionsgruppen sei das eine übliche Größe.

Befragung Schuster

ORF

Titelbild der Studie

Aufteilung der Befragten

Die Befragten haben in Fokusgruppen diskutiert.

Altersklasse 16–25 Jahre
Beteiligung: 10 Personen
Status: Studenten und Berufstätige

Altersklasse: 26–49 Jahre
Beteiligung: 10 Personen
Status: Berufstätige

Altersklasse: 50 +
Beteiligung: 7 Personen
Status: Berufstätige

Sympathie und Greifbarkeit zählen

Gerade im Hinblick auf die Wahlen im März 2015 waren die Ergebnisse dieser Studie für die Zuhörer, großteils Gemeindepolitiker, interessant.

Sympathie ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Wahl des Bürgermeisters, heißt es in der Studie. Für die jüngste Altersgruppe, die Altersgruppe 16 bis 25, stehen aber auch kommunale Themen wie Projekte und Baumaßnahmen im Vordergrund, sagte Schuster. Bei den Älteren zählt eher, was bereits geleistet wurde.

Während die mittlere Altersgruppe von 26 bis 49 insbesondere verlangt, dass der Bürgermeister neutral ist, entscheiden die über 50-Jährigen bei ihrer Wahl anhand der geleisteten Arbeit und danach, ob das zuvor Versprochene eingehalten wurde. Auffallend ist, dass über alle Altersgruppen hinweg die persönliche Erreichbarkeit des Bürgermeisters enorm wichtig ist, der Kandidat müsse „greifbar“ sein, so Schuster.

Bürgermeister werden kaum als Politiker gesehen

Im Gegensatz zur Bundes- und Landespolitik wird die Kommunalpolitik in allen Altersgruppen deutlich besser bewertet. Kritik konzentriert sich im Wesentlichen auf die Bundespolitik und etwas abgeschwächt auf die Landespolitik. Der Bürgermeister wird gerade von den Jungen gar nicht als Politiker wahrgenommen.

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Kritikpunkt Freunderlwirtschaft

Auf der Ebene der Gemeinde wird quer durch alle Gruppen als Kritikpunkt vor allem die „Freunderlwirtschaft“ genannt. Auch genannt wurden „Arroganz der ÖVP„, der unerfüllte Wunsch nach mehr direkter Demokratie, Unehrlichkeit und das Nichteinhalten von Versprechungen. Gerade für die jüngere Zielgruppe haben negative Vorfälle in der Bundes- oder Landespolitik sehr wohl Auswirkungen auf das Wahlverhalten bei Gemeindewahlen. Der Großteil der Befragten sieht kein Problem darin, auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sein Kreuz bei verschiedenen Parteien zu setzen.

Aufgeschlossen gegenüber neu antretenden Gruppierungen sind eher ältere als jüngere Bürger.

Gemeindevertreter werden gerne übersehen

Im Unterschied zur Ebene der Bundes- und Landespolitik haben Wähler auf der kommunalen Ebene noch das Gefühl, mit der eigenen Stimme etwas bewegen zu können. Über alle Altersgruppen hinweg wird hier vor allem auf „die Persönlichkeit“ der Kandidaten sowie auf ortsspezifische Themen geachtet. Gemeindepolitik ist vordergründig eine Sache des Bürgermeisters. Die Gemeindevorstände oder gar die Gemeindevertreter schaffen es nur in Einzelfällen oder in den Städten in die Wahrnehmung der Bürger.

Bürgermeisterbonus ist groß

Für die Bürgermeister ist ihr Stellenwert ein Vorteil. Sie müssten sich kaum Sorgen machen, im März - bei den Gemeindewahlen - nicht wiedergewählt zu werden. Bürgermeister genießen einen enormen Bekanntheitsgrad im Dorf, sind das Aushängeschild und genießen jegliches Vertrauen, so Hanno Schuster. Probleme gibt es aber dann, wenn es politische Streitereien in der Gemeinde gegeben hat. Dann könnte sich laut Schuster auch im Bürgermeisteramt etwas tun.

Detaillierte Studienergebnisse

www.teama5.com

Schaden könnte der Stellenwert des Bürgermeisters höchstens der Partei, der der Bürgermeister angehört, weil sie durch den sie überstrahlenden Spitzenkandidaten nicht wahrgenommen wird, meint Schuster. Bei den Gemeindevertretungswahlen werden Bürgermeister und Gemeindevertretung zwar auf demselben Stimmzettel gewählt. Dennoch sind es zwei unterschiedliche Wahlgänge. Es ist also möglich, den Bürgermeisterkandidaten der einen Partei zu wählen,gleichzeitig jedoch für die Gemeindevertretung einer anderen Partei die Stimme zu geben.

Homepages werden von Jungen nicht genutzt

Eine wichtige Frage für Gemeindepolitiker ist auch, wie sie ihre Wähler erreichen können. Bei persönlicher Betroffenheit schauen die Bürger durchaus ins Gemeindeblatt. Die Homepages der Gemeinden werden laut der Befragung von den Bürgern unter 25 wenig genützt. Stärker genutzt werden sie von den Älteren. Vor allem Serviceleistungen und diverse Informationen werden bei Bedarf abgerufen. An Gemeindekommunikation über Social Media oder gar Videoinformationen aus der Gemeinde besteht in keiner Altersgruppe Interesse, gerade nicht bei den Jungen.

Nicht werben, sondern informieren

Schuster empfahl den Gemeindepolitikern, bei ihren Wählern nicht zu werben, sondern sie zu informieren, gerne auch durch Postkarten, sozusagen wie früher, weil viele den Eindruck hätten, dass früher sowieso alles besser gewesen sei. Allerdings sei es dafür jetzt schon etwas spät, das Beste wäre, sagte Schuster, wenn der Wahlkampf für die nächsten Gemeindewahlen am Tag nach dem Wahltag beginnen würde.

Ulrich Herburger von der Fachhochschule schlug den Gemeinden vor, ihre Bürger über partizipative Medien einzubinden, wo Bürger selbst ihre Inhalte publizieren könnten.