Testamentsfälscher: Höhere Strafe für Ratz

Im zweiten Rechtsgang des Testamentsfälscherprozesses sind am Freitag am Landesgericht Salzburg alle fünf Angeklagten schuldig gesprochen worden. Kornelia Ratz, die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichtes Feldkirch, erhielt als einzige eine höhere Strafe als vor zwei Jahren. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Der geständige Hauptbeschuldigte Jürgen H., ehemals Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, erhielt sechs Jahre unbedingte Haft. Der Schuldspruch fiel wegen Amtsmissbrauchs, gewerbsmäßigen schweren Betrugs und der Fälschung besonders geschützter Urkunden. Der 50-Jährige hatte mit seinem umfangreichen Geständnis wesentlich zur Aufklärung der Causa beigetragen. Bei einer Hausdurchsuchung stellten Ermittler in einer Reisetasche 785 Fälscherunterlagen sicher. Im ersten Verfahren erhielt der Hauptangeklagte sieben Jahre unbedingte Haft.

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Im Video zu sehen: Bertram Grass (Anwalt von Richterin Ratz), Klaus Grubhofer (Anwalt von Jürgen H.), Nicolas Stieger (Anwalt von Kurt T.), German Bertsch (Anwalt von Walter M.) / Beitrag von Gernot Hämmerle, Reinhard Fuchs, Jochen Winter

Sein gleichaltriger ehemaliger Schulfreund Peter H. hat die Taten ebenfalls gestanden und wurde am Freitag wegen Amtsmissbrauchs als Beteiligter und gewerbsmäßig schweren Betrugs zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Im ersten Verfahren hatte er noch fünf Jahre unbedingte Haft erhalten. Er soll des Öfteren Erben in den gefälschten Dokumenten aufgetrieben haben und unter anderen seinen Onkel als „Scheinerben“ nominiert haben. Über die nichtsahnenden „Strohmänner“ soll das Vermögen am Ende bei den Justizbediensteten gelandet sein.

Ratz könnte Richteramt verlieren

Die 51-jährige Ratz hatte auch im zweiten Verfahren ihre Unschuld beteuert. Dennoch wurde sie am Freitag verurteilt und erhielt 32 Monate - davon zehn Monate unbedingt - wegen Amtsmissbrauchs als Beteiligte und Fälschung besonders geschützter Urkunden als Beteiligte.

Für sie hat sich das Strafausmaß leicht nach oben verändert - der bedingte Teil der Strafe wurde um zwei Monate erhöht. Ratz soll dafür gesorgt haben, dass mittels eines gefälschten Testaments in einer Verlassenschaft eines entfernten Verwandten ihre Mutter und ihre Tante als Erben zum Zug kamen, was sie vehement bestritt. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, verliert sie ihr Richteramt.

Geringere Strafen für Kurt T. und Walter M.

Der 51-jährige Kurt T., ehemaliger Leiter der Abteilung Außerstreitsachen am Bezirksgericht Dornbirn, ist ebenfalls nicht geständig und erhielt wegen Amtsmissbrauchs 32 Monate, davon zehn Monate unbedingt. Er soll gemeinsam mit Jürgen H., von dem er sich zu Unrecht belastet fühlt, in Verlassenschaftsverfahren, in denen keine engen Verwandten der Erblasser bekannt waren, gefälschte Testamente fabriziert und damit die rechtmäßigen Erben um ihre Ansprüche gebracht haben. Er wurde im ersten Verfahren zu drei Jahren teilbedingter Haft verurteilt, davon ein Jahr unbedingt.

Der ehemalige Grundbuchrechtspfleger Walter M., ebenfalls nicht geständig, erhielt wegen Amtsmissbrauchs als Beteiligter und Beteiligung an schwerem Betrug 21 Monate, davon 19 Monate und zwei Wochen bedingt. In erster Instanz erhielt der 75-Jährige zwei Jahre bedingte Haft. Er war im Tatzeitraum bereits pensioniert, gilt aber als „Ideengeber“ des Justizskandals.

Urteilsbegründung: Jürgen H. absolut glaubwürdig

Richterin Christina Rott begründete die Urteile damit, dass der vollgeständige Hauptangeklagte Jürgen H. absolut glaubwürdig sei. Auch sämtliche Zeugenaussagen seinen nachvollziehbar, vor allem die der Aufdeckerin Isabelle Ammann. Aufgrund der langen Verfahrensdauer seien die Urteile um gut ein Viertel geringer ausgefallen als im ersten Verfahren, so die Richterin.

Gerade bei Ratz wären laut Rott auch drei Jahre Haft möglich gewesen - vor allem aufgrund ihrer Habgier und weil sie ihr hohes Amt zum eigenen Vorteil ausgenützt habe. Als sie die Inhalte der Anklage gelesen habe, sei sie geschockt darüber gewesen, dass derartige Straftaten in den eigenen Reihen möglich seien, so Rott.

Keines der Urteile rechtskräftig

Keines der am Freitag gefällten Urteile ist rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat nach dem Verfahren keine Erklärung abgegeben. Aufseiten der Angeklagten hat Ratz’ Anwalt Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt. Der Verteidiger des Hauptangeklagten Jürgen H. erbat hingegen Bedenkzeit.

Der Anwalt von Kurt T., ehemals Leiter der Abteilung Außerstreitsachen am BG Dornbirn, legte Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung ein. Die Verteidiger von Walter M., dem pensionierten Grundbuchrechtspfleger, und von Peter H., dem Komplizen des Hauptangeklagten, gaben beide keine Erklärung ab. Die Nichtigkeitsbeschwerden werden an den Obersten Gerichtshof (OGH) geleitet, der erneut über die Urteile und die Begründungen entscheiden muss.

Zehn Beschuldigte im ersten Verfahren

Der neu zusammengesetzte Schöffensenat unter Vorsitz von Rott musste prüfen, ob statt der zehn aufgehobenen Fakten, die als Amtsmissbrauch gewertet wurden, nicht etwa das Delikt Betrug infrage käme. Im ersten Verfahren wurde zehn Beschuldigten vorgeworfen, sie hätten im Zeitraum von 2001 bis 2008 am Bezirksgericht Dornbirn und „anderen Orten“ insgesamt 18 Verlassenschaftsverfahren manipuliert, um die Vermögenswerte an sich selbst umzuleiten.

Für die Hälfte der insgesamt zehn Angeklagten waren die Schuldsprüche mittlerweile rechtskräftig geworden. Im zweiten Rechtsgang waren noch sechs der 18 Verlassenschaftsverfahren Prozessthema. Ein Teil der Schuldsprüche im ersten Verfahren (die Urteile ergingen am 31. Juli 2012) war bei den Angeklagten Jürgen H., Peter H., Kurt T. und Walter M. bereits rechtskräftig geworden. Bei Ratz wurde allerdings der Schuldspruch, der ein Verlassenschaftsverfahren betroffen hatte, vom OGH aufgehoben. Der Freispruch betreffend eines anderen Faktums wurde rechtskräftig.

Gerichtspräsident erhofft endgültigen Abschluss

Der Präsident des Landesgerichts Feldkirch, Heinz Bildstein, sagte am Freitag gegenüber dem ORF, er nehme die neuerlichen Urteile zur Kenntnis, könne und wolle sie aber mangels Aktenkenntnis nicht näher kommentieren. Er hofft, dass mit dem neuerlichen Prozess die Testamentsaffäre abgeschlossen werden kann. Zwar gehe er davon aus, dass es Rechtsmittel gegen dieses Urteil geben werde - jedoch müsste etwa in einem Jahr mit einem Abschluss gerechnet werden können, so Bildstein.

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