„Zartbittere“ Kritik für Opern-Uraufführung
Nach drei Stunden ist am Mittwochabend die Uraufführung der Oper „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von Heinz Karl Gruber im Festspielhaus in Bregenz mit lang anhaltendem Applaus zu Ende gegangen. Der Komponist hatte diese Eröffnungspremiere der 69. Bregenzer Festspiele selbst dirigiert, freute sich sehr über die positive Aufnahme und dankte den Wiener Symphonikern mit einem Kniefall.
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Im Video zu sehen: Stefan Musil („Die Presse“), Ulrich Amling („Tagesspiegel Berlin“), Markus Thiel („Münchner Merkur“), Egbert Tholl („Süddeutsche Zeitung“), Manuel Brug („Die Welt“), Eleonore Büning („Frankfurter Büning“); Beitrag von Markus Greussing, Götz Wagner, Christina Lachner
Publikum applaudierte - Kritiker zeigten Vorbehalte
Komponist Gruber, das Sängerensemble und die Wiener Symphoniker sowie der Regisseur des Abends, Michael Sturminger, erhielten lang anhaltenden Applaus vom Premierenpublikum. Die internationalen Theaterkritiker sahen das differenzierter. Wenn es nach Kritiker Reimar Wagner von „Musik und Theater“ geht, war dieser Applaus aber hauptsächlich der Sympathie des Publikums gegenüber dem Komponisten Gruber zu verdanken. Während die Leistung der Sänger durchaus positiv beurteilt wurde, hatten die Kritiker Vorbehalte gegenüber der Inszenierung.
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Audio: Premierenbericht von ORF-Vorarlberg-Redakteur Martin Hartmann
„Boshaftigkeit der Figuren fehlt“
Markus Thiel, Musikredakteur des „Münchner Merkur“, lobt in erster Linie das starke Sängerensemble und das Handwerk des Komponisten Gruber. Insgesamt hätten vor allem die Sänger mit ihrer Leistung beeindruckt. Die Inszenierung selbst empfand Thiel als „zu brav“. „Es wäre eine stärkere Wirkung der Oper möglich, wenn die Regie stärker wäre“, so Thiel.
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Markus Thiel im ORF-Interview mit Markus Greussing
„Regie: Brav und sachdienlich“
Ulrich Amling, Klassik-Redakteur des"Tagesspiegel Berlin", schließt sich in Punkto Inszenierung der Meinung von Thiel an. Er bezeichnet die Regie als „brav und sachdienlich“.
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Ulrich Amling im ORF-Interview mit Markus Greussing
„Das Stück wird nicht in die Ewigkeit eingehen“
Nicht vollkommen überzeugt von Komposition und Inszenierung zeigte sich Eleonore Büning, Musikredakteurin der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Das Theaterstück von Ödön von Horvath werde durch die Oper „weichgespühlt und verliert an Schärfe“, an manchen Stellen empfand Büning die Komposition als „zu kitschig“. Musikalisch sei die Oper von Gruber aber ein gutes Handwerk. Besonders lobend äußerte sich Büning zur Leistung der belgischen Sopranistin Ilse Eerens in der Rolle der „Marianne“.
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Eleonore Büning im ORF-Interview mit Markus Greussing
Modernes Bühnenbild inklusive Skyline
Ödön von Horvaths berühmte Geschichte des Mädchens Marianne, das an den Männern und der Welt zerbricht, erzählt sich auch im Libretto von Michael Sturminger eindrücklich. Das Ausstattungs-Duo Renate Martin und Andreas Donhauser hat die Schauplätze gänzlich kitschlos ins Heute transferiert, inklusive Hochhäuser-Skyline und Donauturm an der Alten Donau und Hochwasserschutzbauten in der Wachau.
Vielfältige Musik, starkes Sängerensemble
Aus dem starken Sängerensemble erhielten die belgische Sopranistin Ilse Eerens als Marianne und Jörg Schneider als Fleischermeister Oskar den meisten Applaus, herausragend auch Angelika Kirchschlager als Trafikantin Valerie und Anja Silja als Großmutter.
Besetzung:
Die Aufführung wird nur noch zwei weitere Male in Bregenz gezeigt und übersiedelt ab 14. März 2015 an das koproduzierende Theater an der Wien. Am Donnerstag werden die letzten Bregenzer Festspiele unter Intendant David Pountney mit der Wiederaufnahme-Premiere seiner „Zauberflöte“-Inszenierung auf der Seebühne fortgesetzt.
Links:
- Zartbittere Uraufführung zum Festspielauftakt (vorarlberg.ORF.at; 23.7.2014)
- 69. Bregenzer Festspiele sind eröffnet (vorarlberg.ORF.at; 23.7.2014)