Testamentsprozess: Beweisanträge abgelehnt

Am siebten Verhandlungstag im neu aufgerollten Testamentsprozess wies der Schöffensenat am Freitag nahezu alle Beweisanträge der Verteidigung wegen fehlender Relevanz und Tauglichkeit ab. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

Unter den abgewiesenen Anträgen stach jener zum psychiatrischen Gutachten über die Hauptzeugin der Staatsanwaltschaft besonders hervor. Bei der Kronzeugin handelt es sich um die Mitarbeiterin des Bezirksgerichts Dornbirn, die angibt, sie habe den Satz „D’ Ratz heat a’grufa“ gehört.

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Die Verteidigung der suspendierten Landesgerichtsvizepräsidentin Kornelia Ratz verlangte dieses Gutachten. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kronzeugin. „Der Antrag läuft ins Leere“, so Richterin Christina Rott. Der Schöffensenat wies ihn mit der Begründung ab, für die Bewertung der Zeugin sei allein das Gericht zuständig. Dazu brauche es kein Fachwissen. Die Gerichtsmitarbeiterin sei eine Zeugin wie jede andere, andernfalls müsste man alle Zeugen einem psychiatrischen Gutachten unterziehen, so Rott.

Zeitungsberichte bleiben im Akt

Weitere Beweisanträge der Verteidigung des angeklagten Gerichtsmitarbeiters Kurt.T wurden wegen fehlender Tauglichkeit und Relevanz ebenfalls abgewiesen. Beim einzigen zugelassenen Beweisantrag handelt es sich um einen Antrag der Verteidigung von Ratz. Demnach dürfen Zeitungsberichte aus der Zeit, in denen die Testamentsaffäre aufgedeckt wurde, im Akt bleiben. Damit soll der Informationsstand der Öffentlichkeit belegt werden. Und es lässt sich daraus ableiten, wieviel die Zeugen aus den Medien wissen konnten.

Anklage nicht modifiziert

Die suspendierte Richterin Ratz ist nach wie vor wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Ihr Schuldspruch wurde im ersten Rechtsgang wegen Mängeln in der Urteilsbegründung vom Obersten Gerichtshof (OGH) zur Gänze aufgehoben. Nun soll geprüft werden, ob statt eines Amtsmissbrauchs auch der Tatbestand des Betrugs erfüllt sein könnte.

Die Anklage gegen Ratz ist als einzige nicht modifiziert worden. In diesem Fall ist der oberösterreichische Staatsanwalt Andreas Pechatschek zuständig. Die Staatsanwaltschaft Steyr bekam den Fall aus Befangenheitsgründen übertragen. Die Anklagen gegen die vier Gerichtsmitarbeiter wurden dagegen vom Feldkircher Staatsanwalt Manfred Bolter geändert und lauten nun auf Betrug.

Schwester und Bruder im Zeugenstand

Ratz soll in zwei Testamentsfälle verstrickt sein. Mutter und Tante sollen mit ihrer Hilfe ein Vermögen geerbt haben. Freitagvormittag bezeugten Geschwister der Angeklagten, diese Verlassenschaften wären in ihrer Familie nie Thema gewesen. Mehrere Arbeitskollegen bestätigten die damalige Empörung von Ratz über angebliche Nazi-Testamente, wodurch ihre Familie leer ausgegangen wäre.

Zeugenaussage von Markus H. wurde verlesen

Eine Richter-Kollegin bezeugte den Kontakt zwischen Ratz und dem Bruder des Hauptangeklagten Jürgen H. Der Bankmitarbeiter Markus H. hatte ausgesagt, vor neun Jahren von Ratz 23.000 Euro in Bar erhalten zu haben. Ratz habe ihn zu einer Verzichtserklärung auf ein Erbe gezwungen. Später habe die Angeklagte dieses Geld zurückgefordert und gedroht, er verliere andernfalls seinen Job. Seine Zeugenaussage aus dem ersten Prozess wurde verlesen, um auch die neuen Schöffen im zweiten Rechtsgang auf den aktuellen Stand zu bringen.

Urteile bereits nächste Woche möglich

Der nächste Verhandlungstag ist der kommende Mittwoch. Richterin Rott stellte ein Urteil für kommenden Freitag in Aussicht. Sie machte darauf aufmerksam, dass es von der Länge der Schlussplädoyers abhänge. Immerhin werden zwei Staatsanwälte und fünf Verteidiger am Wort sein.

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